Pannen-Triebwerk beim Qantas-Airbus: Fatale Ölspuren
Ausgerechnet eine Spezialkonstruktion von Rolls Royce steht im Verdacht, das Triebwerk des Qantas-Jets zur Explosion gebracht zu haben. Die Schäden sind angeblich schwerer als berichtet.
SYDNEY/LONDON Eine Untersuchung, ähnlich der High-Tech-Diagnostik in hochspezialisierten Kliniken: Mit endoskopischen Kameras und computergestützter Auswertung der Maschinendaten durchleuchten Rolls-Royce-Techniker in England zurzeit das Innenleben ihrer Trent-900-Triebwerke. Es ist ein Wettlauf der Ingenieure: Experten der Luftlinie Qantas gegen die Fachleute von Rolls-Royce.
Seit der Explosion des Rolls-Royce-Triebwerks eines Qantas-Jets in der vergangenen Woche kämpft Rolls-Royce um seine Reputation. Ähnlich die Experten von Qantas, die möglichst schnell den Nachweis erbringen wollen, dass ihre Airline keine, Rolls-Royce aber die volle Schuld an dem Zwischenfall trägt.
Der Vorteil der Qantas-Ingenieure: Sie müssen nur Unregelmäßigkeiten konstatieren, brauchen keine Erklärung zu liefern. In drei Trent-900-Triebwerken wurden Öllecks gefunden, verkündeten sie am Montag. „Die Motoren erreichen nicht die Parameter, die man erwarten würde“, sagte Qantas-Boss Alan Joyce . „Die Öllecks überschreiten die normalen Toleranzen.“ Möglicherweise sei eine Spezialkonstruktion von Rolls-Royce schuld, orakelte Joyce. Diese Konstruktion soll dem Triebwerk mehr Schub und Drehmoment geben. Möglicherweise sei diese Spezialversion fehlerhaft.
Ein schwerer Vorwurf in Richtung London. Noch dazu melden sich jetzt Piloten mit weiteren Details über den Zwischenfall zu Wort. Das „Wall Street Journal“ zitiert sie mit der Beobachtung, dass der A380 schwerer beschädigt worden sei als ursprünglich angenommen. Bei der Explosion des Triebwerks in einer Flughöhe von 10000 Fuß hätten sich Teile wie bei einem Schrapnell gelöst, sagten sie. Dabei hätten sie Hydraulikleitungen und andere Teile des Flugkontrollsystems ramponiert. Auch das Fahrwerk könnte in Mitleidenschaft gezogen worden sein, sagten die Informanten. Zudem soll auch das nächstliegende Triebwerk betroffen und die Steuerung beschädigt worden sein. Die Crew des A380 habe das der Explosion nächstgelegene Triebwerk am linken Flügel nicht abschalten können. Auch der Feuerwehr sei es zunächst nicht gelungen, das Triebwerk mit Wasser zum Stillstand zu bringen.
Nachdem das Triebwerk explodiert war, ließ die Cockpit-Crew den A380 kreisen, um Kerosin abzulassen. Das ist eine Sicherheitsprozedur, um eine sichere Landung zu gewährleisten. Bei der Rückkehr zum Flughafen in Singapur hätten jedoch einige der Querruder nicht mehr richtig funktioniert, sagten die Piloten.
Die Gerüchte und unvollständigen Hinweise zur Ursache der Explosion verschrecken die Aktionäre von Rolls-Royce. Die Aktie des Herstellers war bereits am Freitag mit einem Minus von 4,9 Prozent aus dem Handel gegangen. Am Montag bröckelte der Aktienkurs weiter, fing sich aber. Um 16 Uhr stand er bei 47,20 Dollar, 0,1 Prozent niedriger als bei Handelsschluss am Freitag.
Rolls-Royce wird von Qantas voraussichtlich zur Kasse gebeten. Sechs A380-Maschinen lässt die Airline zurzeit sicherheitshalber am Boden. Die Kosten des Ausfalls: Bis zu 14,5 Millionen Euro pro Woche. Dazu kommen die Reparaturkosten für die auffälligen Triebwerke. Einen möglichst großen Teil der Kosten wird Qantas wohl auf Rolls-Royce abwälzen. sun