Operation Man(n)iküre

Schöne Fingernägel sind nicht nur Frauensache: Auch Männer zieht es in die Studios zum Schneiden, Pfeilen, Polieren – selbst renommierte Sportler sollen unter die Nagelfans gegangen sein. AZ-Reporter Felix Rettberg hat sich in ein Studio in München gewagt.
von  Abendzeitung
Zeig her, Deine Hände! Nagelstylistin Danijela Mijucic bearbeitet die Finger des AZ-Reporters mit einem Knipser. Das ist allerdings erst der Anfang einer einstündigen Verschönerungskur.
Zeig her, Deine Hände! Nagelstylistin Danijela Mijucic bearbeitet die Finger des AZ-Reporters mit einem Knipser. Das ist allerdings erst der Anfang einer einstündigen Verschönerungskur. © Daniel von Loeper

MÜNCHEN - Schöne Fingernägel sind nicht nur Frauensache: Auch Männer zieht es in die Studios zum Schneiden, Pfeilen, Polieren – selbst renommierte Sportler sollen unter die Nagelfans gegangen sein. AZ-Reporter Felix Rettberg hat sich in ein Studio in München gewagt.

Knips, Knips, Knips, Knips, Knips – fertig ist die eine Hand. Knips, Knips, Knips, Knips, Knips die andere. Passt schon. Kurz und sauber – mehr haben Fingernägel nicht zu sein. Das sind Muttis Mindestanforderungen, seit ich selbst einen Nagelknipser halten kann. Und mehr Pflege-Zauber muss doch nicht sein. Meine Hände sind streichelzart, nichts mehr zu tun – dachte ich.

Doch dann stehe ich vor Danijela Mijucic, Nagelstylistin im Atelier 11 an der Münchner Theresienstraße. Die 30-Jährige hat sich schon um die Daumen, die Ring- und Zeigefinger von Hollywood-Stars wie Adrien Brody gekümmert, auch einige Bayern-Kicker halten ihr die Nägel hin. Nun vertrau ich ihr meine Hände an. Sie gibt ihnen eine sechs – auf einer Skala von eins bis zehn. Ooops. Ein bisschen gleichmäßiger könnten sie sein, die Nagelhaut müsste mehr zurück. „So schlecht schauen’s aber nicht aus.“ Immerhin.

Pfote unter ultraviolettem Licht

Hoffnungslose Fälle gibt es nicht. Bei schweren Fällen ist der Weg zur Besserung nur länger – und Besserung ist schnell zu bekommen: An jeder Ecke eröffnet mittlerweile ein Nagelstudio. Nicht nur Frauen, auch immer mehr Herren strecken hier unter ultraviolettem Licht ihre Pfoten wie ein Hündchen aus, spreizen die Finger und schauen dabei nicht verschämt zur Seite. Sie stehen dazu.

Diverse Feilen, Hautfräser, Nagelknipser, -schere und Peeling-Creme liegen bereit – die Werkzeuge für die „Operation Man(n)iküre“. Ich pflanze mich an die Behandlungstheke, strecke meine Hände vor, lege sie wie ein Paar Schuhe ordentlich nebeneinander ab. Die Expertin widmet sich zuerst meinen groben Schnitzern. Mit dem Nagelknipser bessert sie meine lieblosen Kürzungen aus, schneidet die Nägel rund. Finger für Finger. Bis alle Nägel mit den Kuppen abschließen.

Lange Nägel sind bei Männern ein „Geht-gar-nicht“ – für Mijucic, für ihre Freundinnen. Zur Stufe abstoßend fehle nur, dass sie gelb verfärbt und zersplittert daherkommen. Mijucic versichert: „Unter uns Frauen wird da gnadenlos gelästert und aussortiert: Hast du seine Hände gesehen?“ Da kann er sich beim Anbaggern noch so anstrengen. Da kann sich die Jeans noch so vielversprechend über ein strammes Hinterteil spannen, die Augen noch so tief, die Lippen noch so sinnlich sein. „Schöne Hände sind einfach wichtiger als ein Knackarsch“, sagt Mijucic, „selbst ein kleines Bäuchlein kann er dann haben.“

Der Hautfräser surrt - panische Gedanken an Dentisten kommen auf

Der Hautfräser surrt. Böse, panische Gedanken an bohrende Dentisten schrecken mich bei diesen Geräuschen auf – doch nur kurz. Mijucic entfernt rund um den Nagel die rissige, überschüssige Haut. Fehlalarm: harmlos. Mit einem schmalen Metall-Schieber drückt sie die Haut rund um den Nagel zurück, so dass mehr von ihm zu sehen ist. Dass so etwas möglich, nötig ist, hat Mutti nie gesagt. Egal. Was zählt: Es sieht gut aus, es schmerzt nicht.

20 Prozent von Mijucics Kunden sind mittlerweile Männer. Ärzte, Anwälte, Geschäftsleute. „Vor allem in den vergangenen zwei bis drei Jahren sind es deutlich mehr geworden“, sagt sie, „es ist ihnen halt nicht mehr peinlich. Sie kümmern sich um ihre Körper. Und bei solchen Männern stimmt oft das ganze Paket.“ Das ganze Paket ist der gut sitzende Anzug, der flotte Schnitt des Schopfs, gestutzte Nasenhaare, getrimmter Brustbusch und wie die Hände ebenso gepflegte Füße.

Gepflegte Hände machen selbstbewusst

Wer treibt die Herren in der Hände der Maniküre-Profis? Mal hat es die eigene Frau mit diplomatischen, sanften Worten geschafft: „Schatz, komm doch einfach mit.“ In einigen Fällen ist es sogar der Chef, der schickt. Die meisten Männer jedoch bräuchten keinen Schubs. Sie wollen es selbst. Und merkten schnell, dass diese Investition von 25 Euro noch eine merkliche Rendite bringt: „Sie werden selbstbewusster, zeigen offensiv ihre Hände“, sagt Mijucic.

Auch die Kollegen wollen nur eins: Meine Hände sehen. Ich halt sie ihnen hin. Sie schauen drauf, haben offenbar mehr Wandel erwartet: „Aha.“ Auf Glanz-Lack habe ich gern verzichtet. „Männer brauchen das nicht“, hat Mijucic entschieden.

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