OP am offenen Kabel
Über Tiefseeleitungen laufen 95 Prozent aller Daten – doch eine Reparatur ist komplex. Seit Freitag stören drei defekte Unterseekabel im Mittelmeer Telefon- und Internetverbindungen von Ägypten bis Taiwan. Die banale Ursache: wahrscheinlich ein Schiffsanker.
Die Maus im Rüssel des Elefanten oder ein einziges falsches Geschenk unterm Christbaum – kleine Ursachen können verheerende Wirkungen haben. Das bekamen jetzt auch Millionen Menschen in Asien und Nordafrika zu spüren. Seit letzten Freitag stören drei defekte Unterseekabel im Mittelmeer Telefon- und Internetverbindungen von Ägypten bis Taiwan. Die banale Ursache: wahrscheinlich ein Schiffsanker. Bei vielen stößt der Vorfall auf Unverständnis. Die AZ beantwortet die zentralen Fragen.
Wieso sind einfache Kabel so wichtig?
Unterseeleitungen sind keine einfachen Kabel. Den Kern bilden Glasfaserstränge in Hüllen aus Kupfer, Kunststoffen, Aluminium und Stahl. Rund 95 Prozent aller weltweiten Daten laufen über die unersetzbaren Kabel. Sie stellen „kostengünstigere, stabilere und schnellere Kommunikation sicher, als es Satellitentechnik je können wird“, so Holger Bleich vom Computermagazin „c’t“.
Wo liegen die Leitungen?
Rund um die Welt. Die wichtigsten Verbindungsstränge verlaufen zwischen Ostasien und Nordamerika, Europa und Nordamerika sowie zwischen Europa und dem Nahen Osten. Häufig liegen die Kabel in großen Tiefen bis über 6000 Metern, wo sie Strömungen und menschlichen Einflüssen entzogen sind. Gerade im flachen Mittelmeer kommt es aber immer wieder zu Schäden durch Fischtrawler und Anker.
Wieso gibt es keine Ersatzverbindung?
Die gibt es. „Internationale Gremien arbeiten permanent an Backup-Szenarien für den Fall, dass ein Kabel beschädigt ist“, sagt Experte Bleich. Allerdings wurden im aktuellen Fall gleich drei Leitungen beschädigt: zwei zwischen Sizilien und Tunesien sowie das Ausweichkabel vor dem ägyptischen Alexandria. „Ein unglücklicher Zufall“, so Bleich.
Warum dauern Reparaturen so lange?
Mit Spezialschiffen wird die schadhafte Stelle genau geortet. Noch schwieriger ist der Bergeprozess: Ein Spezialanker hebt das Seil an und durchtrennt es. Sind die Enden am Meeresgrund gefunden und an Bord, beginnt „die Operation am offenen Kabel; sie gleicht in vielen Dingen einem medizinischen Eingriff, inklusive Röntgengeräten“, erklärt Bleich. Bis Neujahr soll die OP abgeschlossen sein.
hip
- Themen: