Olympische Fackel bei Protesten gelöscht

Erst London, dann Paris: Die Demonstrationen gegen den olympischen Fackellauf wegen der chinesischen Tibet-Politik gehen weiter. Dabei ist die olympische Fackel vorübergehend erloschen.
Nach massiven Protesten gegen die chinesische Tibetpolitik ist am Montag der olympische Fackellauf in Paris unterbrochen worden. Die Fackel wurde gelöscht und von der Polizei in einen Bus gebracht. Inzwischen brennt sie wieder. Die Ursache sei ein «technisches Problem» gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. 3000 Polizisten waren im «Mutterland der Menschenrechte» aufgeboten worden, um den Fackellauf vor Protesten zu schützen, nachdem es tags zuvor schon in London zu ähnlichen Vorfällen gekommen war.
Am Fuß des Eiffelturms skandierte eine Gruppe europäischer und tibetischer Demonstranten «Freiheit für Tibet». Auf dem gegenüberliegenden Platz Trocadéro hatten sich mehrere Tausend Menschen versammelt, die gegen die chinesische Tibet-Politik protestierten. Der Fackelträger war gegen Mittag auf der ersten Etage des Eiffelturms gestartet und kurz danach unter Polizeischutz in einen Bus gestiegen.
Frankreich war die letzte europäische Station des Olympischen Feuers. Es reist danach am Montagabend weiter nach San Francisco. Die Olympischen Spiele finden im August in Peking statt. Unter dem Eindruck der Proteste machte auch IOC-Präsident Jacques Rogge Druck auf Peking. «Ich bin sehr besorgt über die internationale Situation und über das, was in Tibet geschieht», sagte er auf einer Konferenz des Internationalen Olympischen Komitees in der chinesischen Hauptstadt. «Das IOC ruft zu einer raschen und friedlichen Lösung in Tibet auf.» Zugleich bekräftigte er seinen Widerstand gegen jede Form eines Boykottes. «Unsere Hauptverantwortung ist es, gute Wettkämpfe zu ermöglichen, die die Sportler verdienen.»
China protestiert gegen «Sabotage»
Bei der Niederschlagung von tibetischen Autonomie-Protesten in Lhasa und westlichen chinesischen Regionen wurden in den vergangenen Wochen nach Angaben Pekings 22 Menschen getötet, Anhänger des Dalai Lamas sprechen von 140 Opfern. Peking steht auch wegen der Haltung gegenüber dem Sudan in der Darfur-Krise in der Kritik. China protestierte am Montag gegen die Störungen während des Fackellaufs in London. Einige «tibetische Separatisten» hätten versucht, die Veranstaltung «zu sabotieren», wurde ein Sprecher des Olympia-Organisationskomitees von der Nachrichtenagentur Xinhua zitiert. Ihr Verhalten sei «abscheulich». Ein Demonstrant in der britischen Hauptstadt hatte versucht, die Flamme einem Läufer zu entreißen. Ein weiterer wollte sie mit einem Feuerlöscher ersticken. 37 Personen wurden festgenommen. In Paris waren 80 Fackelläufer vorgesehen. Knapp 50 Wagen der Bereitschaftspolizei sollten die Flamme abschirmen, rund 300 Beamte waren als Eskorte auf 65 Motorrädern, Inlinern oder zu Fuß mobilisiert. Die 28 Kilometer lange Strecke verlief vom Eiffelturm quer durch die Stadt über die Champs Élysées, am Rathaus und der Nationalversammlung vorbei. Der Fackellauf begann vor zwei Wochen in Griechenland.
Boykott der Eröffnungsfeier im Gespräch
Eine Banderole mit der Aufschrift: «Paris verteidigt die Menschenrechte überall in der Welt» prangte am Rathaus der Stadt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen kündigte «symbolische und spektakuläre» Aktionen an. Vom Hissen der tibetischen Flagge am Parlament wurde aber abgesehen. Der französische Staatspräsident NicolasSarkozy, der während der Spiele EU-Ratsvorsitzender sein wird, schließt einen Boykott der Eröffnungsfeier nach wie vor nicht aus. Die Entscheidung hänge von der weiteren Entwicklung in Tibet ab, sagte sein Außenminister Bernard Kouchner. Den deutschen Grünen geht die offizielle Haltung nicht weit genug. Sie hatten einen parallelen Fackellauf für die Menschenrechte gefordert. «Wir sind das Mutterland der Menschenrechte, es sei denn, wir wollen unsere Schnellzüge, Atomkraftwerke oder Flugzeuge nach China verkaufen», sagte der Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit der Zeitung «Journal du Dimanche». (dpa/AP)