Ode an das Meer: Jacques Perrins Film „Unsere Ozeane"
Vier Jahre waren Taucher auf der Suche nach den Bildern, die noch nie gemacht wurden. Der Produzent über die aufwändigen Dreharbeiten und die Faszination Ozean.
AZ: Herr Perrin, Sie haben viele Jahre als Schauspieler vor der Kamera gestanden. Jetzt, als Produzent, machen Sie die Natur zum Star.
JACQUES PERRIN: In der Natur spielen sich Dramen, Actionthriller, Liebestragödien und Komödien ab. Ich nenne es das Theater des Lebens. Man muss nur etwas genauer hinsehen und wird zutiefst emotional berührt. Schon als Kind habe ich gebannt Moby Dick gelesen und davon geträumt, mich in die Tiefen der Weltmeere zu stürzen. Im Grunde ist es so, dass man nur seinen Kopf unter Wasser tauchen muss und das Abenteuer beginnt.
In Ihrem Film ist es mit „Kopf untertauchen“ aber nicht getan.
Nein, ganz und gar nicht. Für „Unsere Ozeane“ haben wir die besten Unterwasserfilmer der Welt bei einem Casting in Barcelona ausgesucht. Dann wurden sie, zusammen mit Taucherteams vier Jahre lang auf die Suche nach spektakulären Bildern geschickt. Sie brachten 480 Stunden Material zurück, waren an 54 Drehorten unterwegs: Vor Cornwall, bei den Galapagos Inseln, auf den Azoren, rund um die Insel Sado in Japan, am Great Barrier Reef in Australien, Port Elisabeth in Südafrika und in der Arktis.
Der Film lebt von außergewöhnlich opulenten Bildern. Gab es da überhaupt ein Drehbuch?
Unbedingt. Die Vorbereitungen haben drei Jahre gedauert. Wir haben die Teams mit sehr konkreten Anweisungen losgeschickt. ‚Bringt uns ganz nahe Bilder von einem Delfin mit seinem Jungen. Oder: ,Wir wollen sehen, wie sich ein riesiger Orka Killerwal aus dem Meer auf den Strand wirft und so eine Robbe erbeutet.' Wir haben immer Maximalforderungen gestellt, deren Erfüllung wir selber fast für unmöglich gehalten haben. Am Ende haben wir tatsächlich Bilder bekommen, die noch nie zuvor gefilmt worden sind.
Gab es auch Glückstreffer?
Die Versammlungen von riesigen Seespinnen vor der Küste von Australien, die sich dort zu Tausenden treffen, um sich zu häuten und zu paaren. Wir hatten davon gehört, hielten es aber für Seemannsgarn. Dass es dieses phantastische Schauspiel tatsächlich gibt und wir es auch filmen zu konnten, damit hatte niemand gerechnet.
Woher wissen Sie, wo diese Tiere zu finden sind?
Wir haben mit Meeresbiologen zusammen gearbeitet, die uns an die wichtigen Stellen führten und dort haben wir uns auf die Lauer gelegt. Als Tierfilmer braucht man sehr viel Geduld, noch mehr Glück und dazu die perfekte Technik. Uns war wichtig, dass die Kameraleute mit den Bewegungen der Tiere verschmelzen.
Die meisten Fische sind unter Wasser doch sehr viel schneller als wir Menschen, wie kann man ihnen folgen?
Um etwa Thunfischen oder Delfinen zu folgen, haben wir wasserfeste Digitalkameras in Torpedos eingebaut und sie dann mit großer Geschwindigkeit von einem Boot durch das Wasser gezogen. Damit wir die Wale, die zum Sauerstoff tanken an die Oberfläche kommen, nicht erschrecken, kam ein extrem leiser, elektrischer Mini-Helikopter zum Einsatz.
Wie haben Sie in den Tiefen für genügend Licht gesorgt?
Es gab keine Leuchten unter Wasser. Wir haben an der Lichtempfindlichkeit der Kameras geschraubt und nachts von oben Licht auf die Wasseroberfläche geworfen.
Der Film ist mit klassischer Musik unterlegt. Auch die Tiere machen Geräusche.
Die Geräusche sind nicht original. Sie wurden hinterher von Soundspezialisten gezielt eingesetzt. Der Ozean ist eine Kathedrale des Klangs.
Ansonsten liefert der Film wenig Infos. Man erfährt selten, um welche Tiere es sich handelt und warum sie sich so verhalten.
Das ist Absicht. Ich will Menschen zum Staunen bringen. Hand aufs Herz – an wie viele Informationen erinnern Sie sich noch, nachdem Sie einen Grzimek-Film gesehen haben? „Unsere Ozeane“ ist eine Hymne an das Meer, und kommt ohne erhobenen Zeigefinger aus. Dennoch wäre es schön, wenn die Zuschauer sich danach über die Meeres-Bewohner informieren. Wenn sie anfangen, das Meer, das sie in 100 Minuten fasziniert hat, auch zu schützen.
Gaby Herzog
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