Oberhaupt der koptischen Kirche gestorben
Die größte christliche Gemeinde im Nahen Osten hat ihr Oberhaupt verloren. Papst Schenuda III. starb am Samstag im Alter von 88 Jahren. Ägyptens Kopten nehmen Abschied von ihrem Patriarchen.
Kairo – Millionen Ägypter trauern: Papst Schenuda III., Oberhaupt der koptischen Kirche, ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Er stand den weltweit rund zehn Millionen koptischen Christen vor, von denen die meisten im Nahen Osten leben. Nach Bekanntwerden der Nachricht am Samstagabend versammelten sich Tausende Kopten vor der Kathedrale von Kairo, um für Schenuda zu beten. Am Dienstag ist die Trauerfeier geplant. Dann muss die größte christliche Gemeinde im Nahen Osten, die in Ägypten knapp zehn Prozent der Bevölkerung stellt, erstmals seit 40 Jahren wieder ein neues Oberhaupt bestimmen.
Schenuda war Ende 1971 zum Papst von Alexandria und zum Patriarchen der koptisch-orthodoxen Kirche gewählt worden. Der Gemeinde gehören in Ägypten nach offiziellen Angaben etwa acht Millionen Menschen an. Kopten gehen davon aus, dass es zwei Millionen mehr sind, da Muslime, die zum Christentum konvertieren, dies aus Angst oft nicht öffentlich machen. Weltweit sind es demnach mehr als zehn Millionen, auch in Deutschland gibt es koptische Gemeinden. Schenuda war in den vergangenen Jahren mehrfach zur medizinischen Behandlung an Leber, Darm und Lunge im Ausland. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, nannte den Verstorbenen einen „Brückenbauer der koptischen Christen“.
Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, würdigte das ökumenische Wirken des verstorbenen koptischen Papstes: „Patriarch Shenouda hat in Zeiten der Globalisierung der koptischen Diaspora große Aufmerksamkeit geschenkt und Strukturen geschaffen, die die koptische Kirche weltweit zu einem ökumenischen Partner gemacht haben.“ Am Sonntag übernahm der koptische Bischof Pachomius für zwei Monate die päpstlichen Aufgaben, bis ein Nachfolger für Schenuda bestimmt ist. Pachomius leitete auch den Trauergottesdienst in Kairo, an dem nach Angaben des ägyptischen Staatsfernsehens Tausende koptische Christen teilnahmen. Der Leichnam des Papstes wurde zur Trauerfeier aufgebahrt. Aus aller Welt reisten koptische Geistliche an, um an der Beerdigung am Dienstag teilzunehmen.
Wie die Zeitung „Al-Ahram“ unter Berufung auf Kirchenkreise berichtete, wird Schenuda nach dem offiziellen Trauergottesdienst auf eigenen Wunsch in einem Wüstenkloster im nordägyptischen Wadi Natrun begraben. Dorthin hatte ihn einst der frühere ägyptische Präsident Anwar El-Sadat in die Verbannung geschickt. Der Vorwurf lautete, Schenuda habe „Zwietracht“ zwischen Kopten und Muslimen gesät. Unter Husni Mubarak durfte der Papst sein Amt dann wieder ausüben. Ägyptens Großmufti Ali Gomaa beschrieb Schenudas Tod als „Tragödie und großes Leid für Ägypten und sein Volk“.
Auch die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbruderschaft trauerte um das Oberhaupt der Kopten und würdigte Schenudas „bedeutende Beiträge“ zur Innen- und Außenpolitik des Landes. Die liberale Al-Wafd-Partei lobte Schenudas „Weisheit, die Ägypten sektiererischen Unfrieden“ erspart habe. Die Kopten fühlen sich in Ägypten von der muslimischen Bevölkerungsmehrheit unterdrückt und diskriminiert. Immer wieder kommt es zwischen Muslimen und der christlichen Minderheit zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Anfang vergangenen Jahres waren vor einer Kirche in der Hafenstadt Alexandria in der Silvesternacht mehr als 20 Menschen bei einem Bombenanschlag getötet worden.
Im Oktober kamen bei blutigen Zusammenstößen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo 26 Menschen, überwiegend Christen, ums Leben. In einer am Abend verbreiteten Erklärung sprach Erzbischof Zollitsch allen koptischen Christen in Deutschland und ihrem Bischof Damian sein Mitgefühl aus. Er würdigte Schenudas Arbeit an der Spitze der koptischen Kirche. „Schenuda war bemüht, zur Beruhigung zwischen den immer neu aufflammenden Konflikten zwischen Muslimen und Kopten zu vermitteln. Er war ein Mann des Dialogs mit dem Islam und ein Garant für einen lebendigen ökumenischen Dialog“, heißt es in der Erklärung.