Neuer Schönheits-Trend: das designte Geschlecht

Vaginal-Verjüngungen sind der neue Trend bei Schönheits-OPs. Angeblich bringen sie mehr Lust. Oder doch Frust? Warum Frauen sich der Prozedur unterziehen, was Mediziner sagen

Leider blöd gelaufen“, sagt die Ärztin nach der Vaginal-Verengung zur Patientin. „Es gab eine unverhoffte Blutung. Jetzt ist sie zugenäht.“ Eine Szene aus Doris Dörries satirischer Fernseh-Serie „Klimawechsel“ (donnerstags im ZDF, 21 Uhr). So blöd läuft’s bei den realen OPs selten, das Geschäft mit der Vagina-Verjüngung aber floriert. Nach Lippen, Brust, Hüften, Po und Oberschenkeln ist der Schönheitswahn im Intimbereich angekommen – jetzt wird das Geschlecht designt.

Amerika macht’s mal wieder vor. Keine kosmetische Operation liegt derzeit so im Trend wie die so genannte „Designer-Vagina“. 2008 wurden rund 3500 Patientinnen gezählt, heuer werden rund 7000 erwartet. Der Erfinder des Schnitts im Schritt heißt David Matlock (48). Drei Mal pro Woche legt der Schönheits-Doc bei seinen Patientinnen Hand an – „schafft Ordnung in den intimsten Zonen“. Gern erzählt er, wie im „Spiegel“, von seiner ersten OP vor 14 Jahren, bei der er „keine Ahnung hatte, wie sehr er den Frauen einmal helfen würde“. Damals verengte er „rein medizinisch“ die Vagina einer 34-Jährigen, weil nach vier Geburten ihre Muskeln erschlafft waren und sie beim Sport den Harndrang nicht kontrollieren konnte. Nach dem Eingriff rief sie ihn an, schwärmte, wie viel besser es nun im Bett klappe und auch ihr Ehemann bedankte sich überschwänglich: „Ich habe meine Partnerin behalten und zugleich eine neue Frau bekommen.“

Auch "Rückjungferung“ und „G-Punkt-Verstärkung“ sollen chirurgisch möglich sein

Beginn der chirurgischen Marktlücke „Laser-Vaginal-Verjüngung zur Steigerung der sexuellen Befriedigung“. Zusätzliche gefragte Aufhübschungen sind die „Rückjungferung“, die „Verstärkung des G-Punkts“ oder die „Modellierung des Venushügels“. Eingriffe, die inzwischen auch in Deutschland hunderte Male im Jahr stattfinden – und zwischen 2200 bis 6000 Euro kosten.

Ob der Laser die Lust wirklich steigert, ob diese Frauen sich danach einfach nur schöner finden und deshalb mehr Lust empfinden – darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Wie auch über die Sinnhaftigkeit der OPs und ihre Gefahren. „Wer ernsthaft meint, durch eine Vaginal-Verjüngung seine Ehe retten zu können, sollte sich über die Risiken solcher Operationen bewusst sein“, warnt Gerald Gitsch von der Universitäts-Frauenklinik Freiburg. Bei ihm werden nur „medizinisch notwendige“ Eingriffe durchgeführt. Googelt man „Vaginal-OP“ gibt es 2 150 000 Treffer, wie viele davon weltweit durchgeführt werden, ist offen. Mediziner, meist Männer, warnen in Fachblättern vor möglichen – meist noch unbekannten, weil nicht dokumentierten – Folgen. Und weisen darauf hin, dass es keine Norm für die Größe oder Form einer Vagina gäbe. Und dass Vaginal-Patientinnen eher ein Fall für Psychologen seien.

"Unfassbar", findet die bayerische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler solche Eingriffe

Einspruch von der renommierten plastischen Chirurgin Constanze Neuhann-Lorenz aus München. Es gebe vaginale Probleme, die nicht auf der Couch, sondern auf dem OP-Tisch gelöst werden könnten. „Meine Patientinnen tun das für sich und ihre Partnerschaft. Die Frauen werden älter, wollen länger sexuell aktiv bleiben und gehen freier als früher mit sich um.“ Wer sich intim rasiere, so Neuhann-Lorenz, „schaut einfach genauer bei sich hin“.

„Unfassbar“, findet die bayerische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler solche Eingriffe – und überhaupt Schönheits-OPs. „Ich möchte, dass die Menschen an sich Freude haben, sich nehmen, wie sie sind. Wer glaubt, die ewige Jugend via Schönheits-OPs bringt Erfüllung, irrt sich. Die Natur lässt sich nicht austricksen.“ Ulrike Kriener (55) hält auch nichts von derartigen Verschönerungen.

Über die Lehrerin, die sie in „Wechseljahre“ spielt, sagt sie: „Die entblödet sich nicht, wirklich alles für ihr Aussehen und ihre Bestätigung zu tun.“ Ihre private Erfahrung: Der Sex werde mit den Jahren noch besser. „Und wenn man dabei liebt, ist man noch schöner.“

Renate Schramm