Neue Internetadressen: Wettlauf um Domains von A.de bis ZZ.de
Seit Freitag sind in Deutschland auch ein- und zweistellige Internetadressen erlaubt – und schon fast alle verkauft. Wer kann seine Waren, Dienstleistungen oder Ideen auf der eher unkomplizierten Domain A.de anbieten? Wer auf Z.de? Und wer auf 1.de?
Es ging um Macht und Millionen – und um Millisekunden: Am Freitag um exakt neun Uhr Mitteleuropäischer Zeit schickten zehntausende Menschen ihre Anträge ab, wollten eine der begehrten Internetadressen ergattern, die ab sofort auch nur aus einem oder zwei Buchstaben (oder Zahlen) bestehen dürfen. Entschieden wurden damit Fragen wie: Wer kann seine Waren, Dienstleistungen oder Ideen auf der eher unkomplizierten Domain A.de anbieten? Wer auf Z.de? Und wer auf 1.de?
Bislang steht nur fest, dass innerhalb von 90 Minuten über 10000 Adressen vom „Deutschen Network Information Center“ (Denic) vergeben wurden. Dabei galt das Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dem Bayerischen Rundfunk war das zu riskant. Per einstweiliger Verfügung ließ er BR.de aus dem Registrierpool nehmen. Die Deutsche Welle (DW) und der Hessische Rundfunk (HR) wollten ebenfalls nicht auf das Glück ihrer EDV-Abteilung zählen. Auch für die Buchstaben E, F, G, X, Y und Z machte ein noch anonymer Markeninhaber vorab seinen Anspruch geltend.
Um den Rest entbrannte ein bizarrer Wettlauf via Online-Formular. Ein elektronischer Zeitstempel, der im Millisekundenbereich arbeitet, gilt als Nachweis über die Reihenfolge. Um Plausibilität geht es dabei nicht, sondern nur um Schnelligkeit.
In Sachen AZ.de machte zum Beispiel nicht die AZ, die „Aachener Zeitung“ oder die „Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht“ das Rennen, sondern eine Firma, die eigentlich niemand unter diesem Kürzel kennt: die Allianz. Wer jetzt AZ.de eingibt, wird fortan über Lebensversicherungen, Rechtsschutz und Enkelpolicen informiert.
Bei den meisten Domains ist noch nicht ersichtlich, welches Unternehmen oder welche Privatperson dahintersteckt. Oft tauchen Anwälte, Agenturen oder Unbekannte als Inhaber auf. Viele dürften sich die Adressen auch nur gesichert haben, um sie später gewinnbringend für mehrere Hunderttausend Euro weiterzuverkaufen.
Etliche Prozesse stehen an
Der IP-Dienstleister „Hofmeir Media“ aus der Münchner Kranzhornstraße zum Beispiel möchte die gestern erworbene HM.de jedoch nicht dem schwedischen Modekonzern H&M anbieten. „Wir wollen die selber nutzen“, sagt Inhaber Stefan Hofmeier. In den kommenden Monaten dürften etliche Prozesse anstehen.
VW hatte seinen schon 2008 gewonnen und gegen die Denic durchgesetzt, dass es die Domain VW.de benutzen darf. Eine Extrawurst gab’s jetzt auch für den Mobilfunkanbieter O2. Bereits um 8.07 Uhr wurde der Firma die angestrebte Domain überlassen. Hintergrund war ein laufendes Gerichtsverfahren.
Seit gestern sind alle möglichen Kombinationen von AA bis ZZ vergeben. Gültigkeit haben aber neuerdings auch Domains, die nur aus Zahlen bestehen. Wer sein Geburtsdatum oder eine andere prägnante Zahlenkombination registrieren will, hat also noch Chancen. 007, 0815 oder 00 sind allerdings schon weg. 089.de landete in Las Vegas bei einer Firma namens Maya Mark.
C.de sicherte sich der Chefredakteur des „Chip“-Magazins
Aus heiterem Himmel hatte die Denic vergangene Woche bekannt gegeben, am 23. Oktober mit der Registrierung der ein- und zweistelligen Domains zu beginnen. Bereits im Vorfeld ließen Handelsportale wie „Sedo“ attraktive Adressen versteigern – der Kaufvertrag wird allerdings nur in den Fällen wirksam, in denen Sedo die Domain auch ergattert: PC.de, für die ein Bieter 158700 Euro gezahlt hätte, ging stattdessen an einen Regensburger Anwalt. C.de sicherte sich der Chefredakteur des „Chip“-Magazins und DE.de gehört der Denic selbst.
Erlaubt sind zudem erstmals Kennzeichen von Kraftfahrzeugen. Auch hier haben fast alle schon einen Käufer gefunden. FFB reservierte sich zum Beispiel ein Mann aus FFM. Und selbst M.de gehört keinem Münchner, sondern einem Hamburger namens Malte.
Timo Lokoschat
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