Namens-Fragen: Schweine-, Mexiko- oder Neue Grippe?

Hamburg (dpa) - Namens-Wirrwarr um die Schweinegrippe: Experten haben gleich mehrere verschiedene Begriffe für die Virus-Erkrankung ins Spiel gebracht. Das Spektrum der Vorschläge reicht von «Mexiko-Grippe» bis «Neue Grippe».
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Hamburg (dpa) - Namens-Wirrwarr um die Schweinegrippe: Experten haben gleich mehrere verschiedene Begriffe für die Virus-Erkrankung ins Spiel gebracht. Das Spektrum der Vorschläge reicht von «Mexiko-Grippe» bis «Neue Grippe».

Denn soll die Schweinegrippe, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sie nennt, noch Schweinegrippe heißen - obwohl das derzeit grassierende Virus bei Schweinen bisher noch nie festgestellt wurde?

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Jörg Hacker, erklärte, einige Behörden verwendeten inzwischen die Bezeichnung «Neue Grippe» - um zu betonen, dass vom Verzehr von Schweinefleisch keine Gefahr ausgeht. Das Virus werde nicht nur von Schweinen übertragen. Es handele sich um ein neues Virus, dessen Erbgut sich weiter verändern könne. Das RKI selbst schrieb am Mittwoch etwas umständlich von der «neuen Grippe A/H1N1 ("Schweinegrippe")». Auch das europäische Seuchenkontrollzentrum ECDC in Stockholm zieht den Begriff «Neue Grippe» vor.

Die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) wiederum möchte von einer «Nordamerikanischen Grippe» sprechen. «Das betreffende Virus wurde bisher nicht bei Schweinen isoliert», sondern bei kranken Menschen, sagte OIE-Generaldirektor Bernard Vallet im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Sein Ursprung sei völlig ungewiss. «Man sollte nicht von Schweinegrippe sprechen, sondern lieber den geografischen Ursprung benennen.»

Der österreichische Mediziner Christoph Wenisch ist für den Namen «Mexikanische Grippe». Die Krankheit habe in Mexiko ihren Ausgang genommen, sagte Wenisch, der als Abteilungsleiter im Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien arbeitet, zur Begründung. In der Regel werden Erreger nach der Region benannt, in der sie erstmals isoliert werden.

Auch der Bauernverband in Schleswig-Holstein plädiert für die «Mexikanische Grippe» - allerdings aus ganz anderen Motiven. Die Bauern fürchten einen Imageverlust: Das Virus treffe allein wegen seines Namens einen Wirtschaftszweig, der gerade erst aus einer langen Talsohle herauskomme, sagte Verbandspräsident Werner Schwarz. «Die Grippe hat mit Schweinen nichts, aber auch gar nichts zu tun.» Handel und Verbraucher könnten weiterhin gefahrlos auf «gutes deutsches Schweinefleisch» setzen.

Nicht einmal innerhalb der Regierung gab es eine klare Linie: Während sich Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder am Dienstag noch die Umbenennung in «Neue Grippe» wünschte, sprach Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Mittwoch von der «Nordamerika-Influenza». Einig waren sich beide jedoch darin, dass der Begriff «Schweinegrippe» irreführend sei.

Der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Thomas C. Mettenleiter, hat sich ebenfalls für einen anderen Namen ausgesprochen - aber keinen konkreten Vorschlag gemacht. Der Erreger H1N1 weise zwar genetische Merkmale auf, die bei Schweineviren auftreten, sagte Mettenleiter in einem dpa-Gespräch. Die Form des Erregers, die aktuell vorkomme, sei beim Schwein aber nie nachgewiesen worden. «Die Bezeichnung ist irreführend. Es handelt sich nicht um den Erreger einer Tierseuche, sondern um einen humanen Influenzavirus.»

Auch bei der WHO wurde der Begriff Schweinegrippe dem Vernehmen nach heiß diskutiert. Die UN-Organisation hielt jedoch auch am Mittwoch an dem Namen fest.

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