Nachbarn kannten Copiloten nur vom Sehen
Montabaur/Düsseldorf - Wer war der Copilot, der die Germanwings-Katastrophe herbeiführte? Spurensuche im rheinland-pfälzischen Montabaur, wo sein Elternhaus steht: Akkurat gemähter Rasen in den Vorgärten, ordentliche Zäune, großzügige Einfamilienhäuser. Es ist ein sehr gepflegtes Wohngebiet, über das am Donnerstag das Unfassbare hereinbricht.
Dort steht das Haus der Eltern des 27-Jährigen. Schon kurz nach den Aussagen der Staatsanwaltschaft in Frankreich postieren sich hier Kamerateams aus vielen Ländern. Flankiert werden sie von zahlreichen Polizisten und Streifenwagen, die auf der Straße vor dem Haus der Familie quergestellt wurden.
"Ich weigere mich zu glauben, dass er das absichtlich gemacht hat", sagt ein 23 Jahre alter Nachbar. Er kennt den 27-Jährigen, der von der französischen Staatsanwaltschaft als Andreas L. identifiziert wurde, nach eigener Aussage nicht sonderlich gut. Er habe ihn aber häufiger mal joggen gesehen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand so egoistisch ist", sagt er. Viel mehr könne er aber nicht dazu sagen, die Familien lebten alle eher nebeneinander her: "Hier macht jeder seins."
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Kaum ein Nachbar lässt sich blicken. Ab und an lugt ein Gesicht hinter einer Gardine hervor oder jemand tritt kurz aus der Haustür. Reden möchte selten jemand. Fassungslos ist ein Ehepaar, das neben der Familie lebt – und das seit 22 Jahren. "Es ist extrem für uns, mir bleibt die Spucke weg", sagt der Mann über das, was er in den Nachrichten gehört hat. Auch sie kennen den Copiloten kaum, erzählen nur von einem jüngeren Bruder und dass der Copilot hier aufgewachsen sei. "Wir sind schon schockiert", sagt die Frau. "Ich kann mir das alles kaum vorstellen."
Ein paar Kilometer von dem Haus entfernt liegt das Gelände des Flugvereins LSC Westerwald, dem der Copilot als Jugendlicher beitrat und bei dem er einst das Segelfliegen lernte. Im vergangenen Herbst habe der 27-Jährige hier Flüge zur Verlängerung seiner Segelfluglizenz gemacht, sagt der Vereinsvorsitzende Klaus Radke. "Da habe ich ihn als sehr netten, lustigen, höflichen Menschen kennengelernt."
Auch in Düsseldorf, wo der Copilot zuletzt lebte, kannten ihn viele Nachbarn nur vom Sehen - wenn überhaupt. Seine Wohnung liegt in einem schicken Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen in wohlhabender Umgebung. Das Haus ist weiß gestrichen, zu jeder Wohnung gehört ein großer Balkon. Dahinter ein Stückchen Wald mit hohen Bäumen. Auf dem Klingelschild steht unter L. noch ein zweiter Name. Zu wem er gehört, ist unklar.
"Ich habe ihn gesehen, wenn er in der Garage war", erzählt ein Nachbar aus dem Nebenhaus. "Er hat meistens nicht zurückgegrüßt." Auch ein 18-Jähriger, der schräg gegenüber wohnt, hat den 27-Jährigen mal gesehen: "Ich bin ein bisschen schockiert. Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll."
Andere Nachbarn und Passanten zucken meist mit den Schultern. Ein junger Mann will wissen, warum soviel Polizei vor Ort ist. Als er erfährt, dass die Wohnung des Copiloten durchsucht wird, geht er schnell davon. "Das ist mir zuviel", sagt er noch. Ein älterer Herr, der schon lange in der Ecke wohnt, meint: "Es kennt hier niemand jemanden." Er wisse nicht, wer der Mann gewesen sei.
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