Nach Taifun Hayian: Hilflos trotz der Helfer
Die Zahl der Opfer von Taifun Haiyan ist zu groß, um jedem zu helfen. Viele Gebiete sind nicht erreichbar und es kommt ein neuer Tropensturm. Die AZ hat mit einer Helferin gesprochen.
MANILA/MÜNCHEN Wer auf dem Weg nach Tacloban ist, sieht sie überall an den Straßen stehen: Kindern mit ausgestreckten Hände, die um Essen und Trinken flehen.
Auch die Partnerorganisation der Johanniter vor Ort, die „Balay Mindanaw Foundation“ war mit einem Erkundungsteam auf dem Weg nach Tacloban. Die Hilfe soll ankommen, deshalb die Vorhut. „Wir brennen darauf, zu helfen. Doch in Tacloban wird geplündert und es herrscht Anarchie. Die Regierung sagt, dass die Sicherheitslage so unklar ist, dass unsere Team nicht dorthin soll“, sagt Hanni Walter.
Mit der 33-jährigen Heppenheimerin hat die AZ um 18 Uhr Ortszeit telefoniert. Eigentlich ist sie die Johanniter-Finanzadministratorin für Südostasien, doch alle verfügbaren Kräfte wurden auf die Philippen geholt. Sie ist nicht im Katastrophengebiet, zu gefährlich. „Draußen regnet es, es sind die ersten Ausläufer von Tropensturm Zoraida. Hoffentlich halten die Zelte. Bei mir läuft Fernsehen, Radio, die Medien zeigen nur Zerstörung und Leid. Doch die Lage ist sehr unübersichtlich, in vielen Gebieten ist noch kein Helfer gewesen“, sagt Walter.
Mit Hilfspaketen wollen die Johanniter die medizinische Versorgung von 20000 Menschen für drei Monate sichern. Doch über neun Millionen Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Die meisten haben kein Essen, kein sauberes Trinkwasser, eine unzureichende medizinische Versorgung und sind obdachlos. „Momentan könnten wir 1000 Familien mit Hilfsgütern versorgen“, sagt Walter. Es ist eine Katastrophe von noch nie dagewesenem Ausmaß.
Deshalb bitten jetzt auch die Vereinten Nationen ihre Mitgliedsländer um Hilfen in Höhe von 222 Millionen Euro. Deutschland hebt seine Hilfe von 500000 Euro um eine Million Euro an. Das geht an die deutschen Hilfsorganisationen, die vor Ort helfen. Aus dem Umland strömen immer mehr Menschen nach Tacloban, weil in ihren Regionen keine Hilfsgüter ankommen.
Dort regnet es so stark, dass die Menschen knietief in einer durch Fäkalien, Kadaver und Müll verseuchten stinkenden Brühe stehen. 55 000 Nahrungsmittelpakete für Familien sollen jeden Tag von der Regierung verteilt werden. Mehr können sie nicht leisten.
„Die Probleme sind immens, das Gebiet ist riesig“, sagt Innenminister Mar Roxas. Das einzige was funktioniert ist der Mobilfunk. Auf Strom werden die Menschen noch mindestens zwei Monate warten müssen, zu viele Strommasten sind umgestürzt. Soldaten mussten Hunderte Menschen zurückhalten, die in strömendem Regen auf das Rollfeld des Flughafens von Tacloban drängten. Sie hofften, mit einer der Militärmaschinen aus dem Katastrophengebiet zu entkommen.
Über die Zahl der Todesopfer gibt es nach wie vor keine Angaben. Ein Polizeichef hatte 10 000 genannt. Bestätigen konnte das niemand.
Doch im Katastrophengebiet riecht es nach Tod, überall liegen Leichen. Und es werden noch mehr Menschen sterben. Weil die Helfer nicht mehr tun können als das Menschenmögliche.
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