Nach Schweinegrippe-Impfung: Mann tot
ERFURT - Eine Obduktion soll Licht in den Todesfall eines Thüringers bringen. Der 55-Jährige hatte sich gegen Schweinegrippe impfen lassen und war danach zum Kegeln gegangen. Als er nach Hause kam, rief er den Notarzt, der ihm nicht mehr helfen konnte.
Der Mann, von dem keine Vorerkrankungen bekannt sind, starb etwa fünf Stunden nach der Impfung am vergangenen Donnerstag. Die Obduktion soll klären, ob ein Zusammenhang zwischen der Impfung und seinem Tod besteht. Ergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet.
Angaben eines Ministeriumssprechers sind in Deutschland bislang 16 Menschen an der Schweinegrippe gestorben. «Vor diesem Hintergrund sollten wir die Impfungen beurteilen.» Bereits in der vergangenen Woche war eine 65 Jahre alte, herzkranke Frau aus Weimar nach einer Impfung gestorben. Der Amtsarzt sah in diesem Fall keinen Zusammenhang zwischen der Impfung und der tödlichen Herzattacke.
In Deutschland infizieren sich mittlerweile mehr als 15.000 Menschen pro Woche mit der Schweinegrippe. So viele Fälle würden gemeldet, erläuterte Gérard Krause, Infektionsexperte am Robert-Koch-Institut, am Montag im «Morgenmagazin» des ZDF. «Und das sind nur die laborbestätigten Fälle.» Viele Erkrankungen würden gar nicht erst erfasst, da das Meldesystem geändert worden sei. «Ärzte werden jetzt gebeten, keine Verdachtsfälle mehr zu melden, sondern nur die laborbestätigten Fälle und Todesfälle.» Ein Nachweis im Labor werde aber nur bei ungewöhnlichen Krankheitsverläufen angestrebt.
Neugeborene und Babys haben nach Experten-Einschätzung ein besonders hohes Infektionsrisiko. «Die Säuglinge tragen definitiv das allerhöchste Risiko», sagte Prof. Reinhard Berner, Oberarzt im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin an der Freiburger Uniklinik, am Montag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Köln. Für Säuglinge unter sieben Monaten ist der Grippe-Impfstoff nicht zugelassen, betonte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ/Köln). Erkrankt ein Säugling, müssen die Ärzte mit Tamiflu behandeln, obwohl das Medikament für Babys nicht zugelassen ist und es keine Dosierungsempfehlungen gibt.
Nach dem bundesweiten Beginn der Impfaktionen fordern Lehrer eine klare Linie für Schulen. Der permanente «Zickzack-Kurs» von Schulbehörden und Gesundheitsämtern sorge für eine tiefe Verunsicherung, kritisierte Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes, in Berlin. Schulen seien sehr stark von der Infektionsgefahr betroffen, ergänzte er. «Politik und Behörden müssen sich endlich entscheiden, auf welche Weise sie ihre Verantwortung für die Gesundheit der Kinder wahrnehmen wollen.»
Wenn die Gesundheitsgefahren so groß seien wie einige Experten behaupteten, müsse es größere Impfaktionen an Schulen gebe, forderte Meidinger. Sei die Gefahr jedoch nicht größer als bei bisherigen Grippewellen, solle es auch keine weiteren Schulschließungen mehr geben.
Wegen der Schweinegrippe hatten zahlreiche Schüler in Deutschland in der vergangenen Woche außerplanmäßig Ferien. Dutzende Klassen oder ganze Schulen waren kurzzeitig geschlossen, um dem Erreger Herr zu werden. Einige Bundesländer ordneten aber auch einen Umgang wie bei normalen Krankheitsfällen an: Wer krank sei, solle zu Hause bleiben, die anderen in die Schule gehen. Einen «weltfremden» Vorschlag kritisierte der Philologenverband in Hessen: Dort hätten die Gesundheitsämter Lehrer aufgefordert, zwei Meter Abstand zu «gefährdenden Personen» zu halten. Das sei in engen Klassenräumen schlicht nicht möglich.
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