Nach Komasaufen: „Ich bin schuld“

Es war ein Wetttrinken mit tödlichem Ausgang: der 16-jährige Schüler trank 45 Gläser Tequila. Nach vier Wochen im Koma starb er. Jetzt übernimmt der Gastwirt vor Gericht die Verantwortung
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Ein 21-Jähriger aus Lübeck starb in der Türkei nach einem Trinkgelage.
dpa Ein 21-Jähriger aus Lübeck starb in der Türkei nach einem Trinkgelage.

Es war ein Wetttrinken mit tödlichem Ausgang: der 16-jährige Schüler trank 45 Gläser Tequila. Nach vier Wochen im Koma starb er. Jetzt übernimmt der Gastwirt vor Gericht die Verantwortung

BERLIN Der Fall hatte bundesweit für Empörung gesorgt: Bei einem Wetttrinken servierte der 28-jähriger Berliner Kneipenwirt Aytac G. dem Schüler Lukas W. (16) 45 Glas Tequila. Er selbst trank überwiegend Wasser statt Schnaps. Der Gymnasiast war mit 4,4 Promille ins Koma gefallen und vier Wochen später gestorben. Der Wirt steht seit gestern vor Gericht, zu Prozessauftakt gestand er: „Ich bin verantwortlich für seinen Tod.“

Aytac G. sagte, er habe nie angenommen, dass jemand so viel trinken könne wie der 16-Jährige. Auch mit dem späteren Tod des Schülers habe er nicht gerechnet. Er sei sicher davon ausgegangen, dass dieser spätestens nach zehn oder 20 Tequila aufgeben werde. Er bedauere und bereue, an dem Wetttrinken teilgenommen zu haben: „Mein Tun war nicht zu rechtfertigen.“

Der Angeklagte bestritt, dass er am Abend des Wetttrinkens als Gastwirt in seiner Kneipe „Eye-T“ in Charlottenburg gewesen sei. Vielmehr sei er als Gast einer privaten Party dort gewesen. Schon bevor das Wetttrinken begann, habe er mehrere Cocktails und Biere getrunken. Er sei „nicht unbedingt in der Lage gewesen, vernünftig zu denken“. Als um 4 Uhr morgens der Schüler aufgetaucht sei, sei das Lokal bereits geschlossen gewesen, er habe zusammen mit anderen aufgeräumt.

Staatsanwalt Reinhard Albers: „Für mich spricht alles dafür, dass Lukas' Tod bei diesem Wetttrinken vorhersehbar war.“ Die Mutter des Todesopfers kam nicht zum Prozess. Ihre Anwältin Adelaide Stronk wies Vorwürfe zurück, Lukas sei nicht genügend beaufsichtigt worden. Auch sei der Jugendliche kein Alkoholiker gewesen. Der Mutter gehe es „nicht besonders gut“, sagte Stronk. Sie erwarte eine Verurteilung des Wirts zu einer Haftstrafe ohne Bewährung, damit sie mit dem Geschehen abschließen könne.

Der Vorsitzende Richter sagte zu Beginn der Verhandlung, mit dem Prozess werde die Justiz keine gesellschaftlichen Probleme lösen können. Er spielte damit darauf an, dass die tödliche Trinkwette zwar bundesweit für eine Debatte über Alkoholmissbrauch gesorgt und ein Verbot der Flatrate-Partys ausgelöst hatte, dass aber Koma-Saufen bei Jugendlichen weiter im Trend ist – mit steigender Tendenz. Darauf hatte jüngst die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing hingewiesen (AZ berichtete).

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.