Müll-Alarm auf Mallorca

Statt Sandstrand und sauberem Wasser erwartet Touristen auf den Balearen immer häufiger angespülter Plastikabfall.
Stephanie Schuster |
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Müll im Meer vor den Balearen.
dpa Müll im Meer vor den Balearen.

Statt Sandstrand und sauberem Wasser erwartet Touristen auf den Balearen immer häufiger angespülter Plastikabfall. 

Cala Vella - In nur wenigen Tagen hat sich der Strand von einem Paradies in eine Mülldeponie verwandelt. Das sagt Alberto Espejo, der den erschreckenden Anblick an der Bucht Cala Vella an der Südküste Mallorcas mit der Videokamera festhält. „Das wird jedes Jahr schlimmer“, klagt der Mallorquiner. Er sorgt sich um seine Heimat und fordert ein sofortiges Eingreifen der Behörden.

Wenige Tage danach kommt ein gutes Dutzend Freiwilliger zusammen und sammelt säckeweise Müll auf. Doch das gleicht einer Sisyphusarbeit. Da hat die Plastikschwemme bereits einige Kilometer weiter den nächsten Strand im Örtchen S’Estanyol erreicht. Und auch an zig anderen Buchten der Insel, vor allem im Süden und Südwesten, klagen Anwohner und Urlauber über erschreckend viel Unrat im Meer.

Bereits zuvor hatte Mallorcas Umweltverband GOB Alarm geschlagen und Fotos aus dem Cabrera-Nationalpark, dem zwölf Kilometer vor Mallorca gelegenen Archipel, verbreitet: Sie zeigen unter anderem eine eklige, ans Ufer schwappende Dreckbrühe. Dazu eine Schildkröte, die sich in einem Plastikband verheddert hat. Und zahlreiche, aus einer algerischen Fabrik stammende Milchtüten.

Auch vor der Küste der Insel Ibiza ist schon viel Müll aufgetaucht. GOB-Sprecher Toni Munoz wundert sich kein bisschen über die Plastikschwemme. Dass die Länder im Norden Afrikas, allen voran Algerien, ein enormes Entsorgungsproblem hätten, sei seit Langem bekannt.

33 Müllschiffe suchen derzeit jeden Tag nach Unrat

Dass derzeit besonders viel Müll die mehr als 250 Kilometer zwischen der algerischen Küste und den Balearen zurücklegt, liegt Munoz zufolge am anhaltenden Südwind. Neu sei dieses Phänomen aber nicht, sagt Josep Maria Aguiló vom balearischen Amt für Wasser und Umwelt, der den Einsatz der sogenannten Müllboote rund um die Balearen-Inseln koordiniert. „Diese Milchtüten haben wir schon 2004 gefunden, als das Umwelt-Ministerium den Service der Küstenreinigung eingeführt hat“, sagt Aguiló.

Dass in den Schlagzeilen nun von einer nie dagewesenen Verschmutzung die Rede ist, macht ihn wütend. Das sei vollkommen übertrieben – und vor allem auch ziemlich schlecht für Mallorcas Image als Urlaubsinsel.

Aguilós versucht daher positive Zahlen zu nennen: „Unsere Boote sammeln viel mehr Unrat auf als im Vorjahr.“ Zumal die insgesamt 33 Müllschiffe – 15 vor Mallorca, je acht vor Menorca und Ibiza und zwei vor Formentera – aufgrund der optimalen Wetterbedingungen derzeit jeden Tag hinausfahren könnten. Außerdem seien sie in diesem Jahr sogar einen Monat länger als üblich unterwegs, nämlich von Anfang Mai bis Ende September, was sich die Balearenregierung 1,1 Millionen Euro kosten lasse.

Südlich von Formentera ist die Verschmutzung am größten

Dennoch ist das Ausmaß der Müll-Schwemme damit kaum in den Griff zu bekommen, wie die Wissenschaftlerin Marina Sanz-Martín befürchtet. Sie ist Biologin am auf Mallorca ansässigen Meeresforschungsinstitut Imedea und hat an der ersten groß angelegten Studie mitgearbeitet, die die Plastikverschmutzung des Mittelmeeres unter die Lupe genommen hat. Vor zwei Jahren wurden hierfür an 28 Stellen mit kleinmaschigen Netzen Wasserproben entnommen.

Die Ergebnisse sind besorgniserregend: Südlich von Formentera ist der Grad der Verschmutzung mit bis zu 2500 Gramm Plastik pro Quadratkilometer besonders hoch. Allerdings darf man sich darunter keinen Plastikteppich aus Milchtüten und Cola-Dosen vorstellen. „Das ist vollkommen absurd“, sagt Sanz-Martín. Bei dem entdeckten Plastik handele es sich um winzige Partikel, zu 83 Prozent kleiner als fünf Millimeter. Gerade sie aber sind es, die dem Ökosystem den größten Schaden zufügen. Zum einen verenden Meerestiere daran, zum anderen landet das Plastik über die Nahrungskette längst auch auf unseren Tellern.

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