Mit Tieren sprechen dank KI: "Das Potenzial ist noch nicht mal im Ansatz ausgeschöpft"

Künstliche Intelligenz wird Menschen künftig in vielen Bereichen helfen. Ermöglicht sie auch Kommunikation mit Tieren? Ein Experte ist sich sicher.
von  Niclas Vaccalluzzo
Pottwale stehen derzeit im Mittelpunkt eines Forschungsprojektes. Dieses soll dazu beitragen, dass Menschen bald mit Tieren kommunizieren können.
Pottwale stehen derzeit im Mittelpunkt eines Forschungsprojektes. Dieses soll dazu beitragen, dass Menschen bald mit Tieren kommunizieren können. © IMAGO / Nature Picture Library

Berkeley - Bei Hunden und Katzen in den eigenen vier Wänden ist es manchmal ganz einfach: Das Miauen der Mieze kann die Erinnerung an die tägliche Fütterung und das Bellen des Zamperls ein Ruf nach Aufmerksamkeit bedeuten.

Oftmals ist die Kommunikation der Vierbeiner jedoch komplexer und für Menschen das Zusammenspiel aus Lauten und Körpersprache schwer zu interpretieren. Forschung hierzu gibt es schon lange – mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) könnte diese einen neuen Schub bekommen. Wird der Traum vieler Menschen, mit ihren tierischen Gefährten sprechen zu können, nun wahr?

Experte: "Hunde können uns wunderbar verstehen"

Verstehen können uns Tiere bereits: Geben wir unserem Hund Befehle und dieser reagiert darauf, ist das eine Art von Kommunikation. "Hunde können uns wunderbar verstehen", sagt Karsten Brensing der AZ. Der Meeresbiologe und Verhaltensforscher hat zahlreiche Bücher zur Sprache der Tiere veröffentlicht. Dabei handle es sich nicht um Sprache im eigentlichen Sinne – aber um Kommunikation im Dialog, so der Forscher. Hier sei viel mehr drin: "Das Potenzial ist noch nicht mal im Ansatz ausgeschöpft."

Dass Hunde auf unsere Befehle hören, ist schon eine Form der Kommunikation – laut dem Experten ist da noch mehr möglich.
Dass Hunde auf unsere Befehle hören, ist schon eine Form der Kommunikation – laut dem Experten ist da noch mehr möglich. © Tom Chance/imago

Ist man mit seinem Vierbeiner auf der Straße unterwegs, wäre es zum Beispiel möglich, ihn zu fragen, wo er gerne hin möchte – und das Tier würde darauf reagieren. Gerade Hunde können mit dem Menschen sehr gut kommunizieren. "Wir Menschen haben mit dem Hund eine Co-Evolution vollzogen", erklärt Brensing. "Sie sind gut darin, unsere Mimik zu lesen, und haben sogar selbst eine eigene entwickelt, die wir besser entschlüsseln können."

Bei der Kommunikation mit anderen Tieren käme es auf Faktoren wie Neugier und die kognitive Entwicklung an. Dennoch könne man theoretisch mit Wildtieren kommunizieren. "Bei Vögeln klappt das besonders gut – sie reagieren unter Umständen auf Pfeifgeräusche", sagt Brensing. Es gebe zahlreiche Formen der Kommunikation im Tierreich. "Schon Einzeller kommunizieren mit chemischen Signalen wie Gerüchen miteinander", so der Experte. Andere Tiere wie Affen äußern sich vor allem über Körpersprache und Laute.

Forschungsprojekt will mit Künstlicher Intelligenz sämtliche Tierarten verstehen können

Auch die Wissenschaft beschäftigt das Thema. Das "Earth Species Project" ist eine 2017 gegründete Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel gemacht hat, die Kommunikation verschiedener Spezies zu analysieren und für den Menschen verstehbar zu machen. Über 40 Forscher verschiedener Bereiche – von Neurowissenschaft bis Mathematik – die mit dem Projekt zusammenarbeiten, versuchen dieses Ziel vor allem mithilfe von KI zu erreichen.

Kommunikationsformen verschiedener Tierarten wie von Vögeln, Primaten, Meeressäugern, Elefanten oder Hunden und Katzen werden durchleuchtet. Besonders spannend für die Wissenschaftler ist der Austausch von Meeressäugern wie Walen und Delfinen. Sie kommunizieren unter Wasser vor allem mit akustischen Signalen, was die Forschung wiederum vereinfacht.

Walgesang: KI kann Muster erkennen – "Größtes Projekt zum Thema in der Geschichte"

Ebenso mit dem Verhalten der Meeressäuger befasst sich das Projekt CETI (Cetacean Translation Initiative). 2018 wurde das Projekt auf Initiative des Biologen David Gruber und der Informatikerin Shavi Goldwasser vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) gegründet. Es ist wahrscheinlich das größte Projekt zum Thema in der Geschichte.

Eine Buckelwal-Kuh und ihr Kalb: Meeressäuger haben eine sehr komplexe Form der Kommunikation. Die meisten Töne des bekannten Walgesangs liegen unterhalb der Frequenzen, die man mit dem menschlichen Ohr hören kann.
Eine Buckelwal-Kuh und ihr Kalb: Meeressäuger haben eine sehr komplexe Form der Kommunikation. Die meisten Töne des bekannten Walgesangs liegen unterhalb der Frequenzen, die man mit dem menschlichen Ohr hören kann. © Norbert Probst/imago

Auch dies Experten analysieren die Töne, die ein Wal von sich gibt, und versuchen, mithilfe von KI Muster darin zu erkennen. Das Projekt beschränkt sich dabei auf Pottwale. Ziel ist es, so die Kommunikation der Wale untereinander zu verstehen.

KI eigne sich bestens dazu, die verschiedenen Verhaltensmuster und Signale der Tiere zu erkennen, sagt Brensing. "Hier bin ich sehr optimistisch." Seit dem Aufflammen künstlicher Intelligenz habe es eine neue Welle in der Kommunikationsforschung gegeben, sagt der Wissenschaftler. "Der KI kann man sagen: 'Suche nach Mustern in den Lauten dieses Tiers und lerne sie', wenn der Mensch diese dann im Kontext betrachtet und diesen versteht, dann können wir das auch in der Kommunikation mit Tieren anwenden." Dem Traum, sich mit Tieren zu verständigen, rückt man so zumindest ein bisschen näher.

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