Missbrauchte Brasilianerin in Zürich erfand Fehlgeburt

Nur oberflächliche Schnitte an Stellen, die jeder Mensch bei sich selbst gut erreichen kann, und keine Schwangerschaft: Die Geschichte einer Brasilianerin, die von Skinheads überfallen worden sein soll, bröckelt.
von  Abendzeitung
Der Bauch mit eingeritzten Buchstaben
Der Bauch mit eingeritzten Buchstaben © ap

Nur oberflächliche Schnitte an Stellen, die jeder Mensch bei sich selbst gut erreichen kann, und keine Schwangerschaft: Die Geschichte einer Brasilianerin, die von Skinheads überfallen worden sein soll, bröckelt.

Sie habe ihre ungeborenen Zwillinge bei einem Überfall verloren, hatte eine Brasilianerin in der Schweiz angegeben. Neonazis hätten sie angegriffen und mit dem Messer Muster auf den Körper geritzt. Danach sei es passiert. Zumindest die Schwangerschaft kann mittlerweile als Erfindung bezeichnet werden.

Entgegen ihrer Aussage war die 26-jährige Rechtsanwältin zum Zeitpunkt des angeblichen Überfalls nicht schwanger, wie die Stadtpolizei Zürich am Freitag mitteilte. Auch die Schnittwunden gäben Anlass zur Vermutung, dass alles anders gelaufen sein könnte, als die Brasilianerin angab: Es werde nicht ausgeschlossen, dass sich die 26-Jährige die Messerverletzungen selbst beigebracht haben könnte, so die Polizei. Alle Schnitte befänden sich an Körperstellen, die ein Mensch selbst erreichen kann: Oberarme, Bauch, Beine, Hals, Hinterkopf - zudem seien sehr empfindliche Partien ausgespart.

Manche Schnitte wirkten "wie nachgezogen"

Nach Angaben des Leiters des Rechtsmedizinischen Instituts der Universität Zürich, Walter Bär, fiel den Fachleuten das «linienartige Muster» der Schnitte auf. Manche wirkten «wie nachgezogen». Dreimal sei klar der Schriftzug SVP - der für die national-konservative Schweizerische Volkspartei steht - zu erkennen, sagte Bär.

Der Schweizer Gerichtspsychologe Josef Sachs erklärt im Schweizer «Blick», weshalb die Brasilianerin den Überfall vorgetäuscht haben könnte: «Menschen, die solche Erlebnisse erfinden, suchen Beachtung. Sie treten in den Opferstatus um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erfahren.»

Die 26-Jährige war nach eigenen Angaben am Montagabend auf einem Bahnhof bei Zürich von drei Skinheads überfallen worden. Die Medien in Brasilien berichteten umfassend. Der Fall sorgte dort für erhebliches Aufsehen. Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva und auch Außenminister Celso Amorim zeigten sich schockiert über den Angriff und forderten eine rasche Aufklärung.

(dpa/AP)

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