Missbrauchsfälle: Das Schweigen brechen

Seit der Papst ins Blickfeld der Missbrauchsdebatte geraten ist, hat er sich nicht mehr dazu geäußert – das tun jetzt andere. Und auch der Ex-Direktor der Odenwaldschule hat Fürsprecher.
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Papst Benedikt XVI.
dpa Papst Benedikt XVI.

ROM - Seit der Papst ins Blickfeld der Missbrauchsdebatte geraten ist, hat er sich nicht mehr dazu geäußert – das tun jetzt andere. Und auch der Ex-Direktor der Odenwaldschule hat Fürsprecher.

„Tief betroffen“ sei er über die Missbrauchsfälle in Deutschland, sagte Benedikt XIV. am Freitag zum Erzbischof Robert Zollitsch – ein paar Stunden später geriet der Papst selbst ins Kreuzfeuer (AZ berichtete).

Dazu hat sich der Papst nicht geäußert, auch nicht beim traditionellen Angelus-Gebet am Sonntag, bei dem er sonst oft auf Aktuelles eingeht. Die Bewegung „Wir sind Kirche“ und die katholische Jugend zeigten sich beide enttäuscht darüber: Die Missbrauchsfälle, schätzt der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, haben „zur größten Kirchenkrise seit 1945“ geführt – sie erwarten ein klares Wort vom Papst, so der BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler. „Außerhalb der Kirche versteht keiner, dass er sich nicht klar äußert – und ich verstehe es auch nicht.“ Dabei gehe es nicht um eine Entschuldigung, „sondern er sollte seine Betroffenheit, Sorgen und Fragen zum Ausdruck bringen und damit authentisch vermitteln, dass er unsere Sorgen teilt“, sagte Tänzler.

Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte den Papst derweil: „Die Bundeskanzlerin begrüßt, dass der Heilige Vater die Notwendigkeit einer vollständigen Aufklärung dieser abscheulichen Taten ausdrücklich unterstrichen hat“, so ein Sprecher.

Am Montag kündigte der Vatikan eine Erklärung des Papstes zu den Missbrauchsfällen an: „Er wird schon bald sein Schweigen brechen und in einem Hirtenbrief an die irischen Bischöfe klare Maßnahmen bekannt geben“, so ein Kardinal, „Den Papst und die gesamte Kirche in die Missbrauchsskandale hineinziehen zu wollen ist ein Zeichen von Gewalt und Barbarei“, sagte er weiter. Aber zu den deutschen Fällen, zu der Frage, was der Papst als Erzbischof mitbekommen hat? Nichts.

Auch Irland wird von einem Missbrauchs-Skandal erschüttert, der aber schon länger bekannt ist. In Österreich sind jetzt zwei weitere Patres des Stiftes Kremsmünster wegen Missbrauchsvorwürfen ihres Amtes enthoben wurden.

Neben den Fällen an den katholischen Einrichtungen gerät aber auch die Odenwaldschule mit ihrer Reformpädagogik weiter unter Beschuss. Nach seinem Lebensgefährten Hartmut von Hentig verteidigt jetzt der Schriftsteller Adolf Muschg den ehemaligen Direktor Gerold Becker, der sich an den Schülern vergangen haben soll: Muschg schrieb, Gerold Becker werde für eine Botschaft hingerichtet, die jahrzehntelang als befreiend gefeiert worden sei – Heuchelei sei das. „Ich habe keinen vernünftigen Zweifel daran, dass Missbrauch das letzte Wort ist, das zu seiner Praxis als Lehrer passt.“

lka

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