Missbrauch: Noch mehr Opfer?
Ein katholischer Pfarrer aus dem niedersächsischen Salzgitter hat gestanden, drei minderjährige Jungen missbraucht zu haben. Bereits 2006 hatte es Vorwürfe gegeben
SALZGITTER Nach einem lustigen Sommerausflug ist im niedersächsischen Salzgitter derzeit niemandem zumute. Der für diese Woche geplante Jugendausflug in den französischen Wallfahrtsort Taizé wurde abgesagt – denn der katholische Pfarrer, der mitwollte, sitzt seit dem Wochenende wegen Missbrauchsvorwürfen in Untersuchungshaft. Der 46-Jährige hat sexuelle Übergriffe auf drei Buben gestanden. Nun fragt sich jeder, ob es noch weitere Opfer gibt.
Eine Mutter und ihr Sohn hatten den Fall ins Rollen gebracht, als sie Ende Juni Anzeige gegen den Pfarrer erstatteten. Der Vorwurf: sexueller Missbrauch. Laut Staatsanwaltschaft hat der Geistliche seit 2004 an dem damals Zehnjährigen „in einer Vielzahl von Fällen“ sexuelle Handlungen vorgenommen.
Am Montag wurde bekannt, dass ein weiteres Kind und ein Jugendlicher Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. Gleichzeitig müssen sich Kirche und Behörden die Frage stellen lassen, warum nicht früher eingeschritten wurden. Denn bereits 2006 soll es Vorwürfe gegen den Pfarrer gegeben haben. Hildesheims Weihbischof Heinz-Günter Bongartz spricht von „angeblich distanzlosem Verhalten“, wobei es nicht um sexuelle Übergriffe gegangen sei. Man habe die Staatsanwaltschaft gebeten, dem Verdacht nachzugehen. Doch habe die Ermittlungsbehörde damals keinen Anhaltspunkt für einen Anfangsverdacht gesehen. Danach habe Bongartz mit dem Pfarrer über Grenzen im Umgang mit Jugendlichen gesprochen. Damit war die Sache offenbar erledigt.
Auf die Suche nach weiteren Opfern konzentrieren sich nun die Ermittlungen der Sonderkommission „Peccantia“ (lateinisch für Sünde). So wird laut Polizei ein Fall aus dem Jahr 2007 wieder aufgerollt: Damals hatte sich ein junger Mann im Pfarrhaus der Gemeinde Sankt Joseph in Salzgitter-Lebenstedt erschossen. Die Rede war von familiären Problemen. Steckte etwas anderes dahinter?
Außerdem prüft die Polizei Datenträger und schriftliche Aufzeichnungen aus der Wohnung des 46-Jährigen. Es geht unter anderem um Jugendreisen der katholischen Kirche. Für die katholische Kirche ist der Fall ein Rückschlag im Kampf gegen Missbrauch. Gerade erst hatte Kardinal Reinhard Marx angekündigt, dass er die Prävention mithilfe eines Internetportals verbessern will. Ab 2012. va
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