Mieter ziehen vor Gericht
Auf einem Bolzplatz gibt es Ärger: Jugendliche kicken dort nur 20 Meter von einer Terrasse entfernt. Den Anwohnern ist das zu viel Lärm
Hamburg - Fußball ist Volkssport Nummer Eins. Da wird mitgefiebert, angefeuert und vielleicht knallt auch mal ein Schuss gegen den Pfosten. Doch der Spaß hört schnell auf, wenn vor dem eigenen Haus gekickt wird. Ein Mieter-Paar aus Hamburg zieht deswegen jetzt vor den Bundesgerichtshof (BGH): Jugendliche spielen auf einem Bolzplatz 20 Meter von seiner Terrasse entfernt Fußball. Und das ist laut. Zu laut. Ab diesem Mittwoch muss sich der BGH in Karlsruhe damit beschäftigen, inwieweit Mieter den Lärm eines benachbarten Bolzplatzes ertragen müssen. Die Richter wollen prüfen, ob die Mieter ihre Miete wegen kickender Jugendliche mindern dürfen. Das Urteil soll noch am gleichen Tag fallen.
Der Bolzplatz wurde nachträglich gebaut
Der Bolzplatz war nachträglich auf einem Schulgelände in Hamburg errichtet worden. Benachbarte Mieter hatten ihre Miete deswegen um ganze 20 Prozent gekürzt. Sie sehen sich durch Jugendliche gestört, die außerhalb der Öffnungszeiten des Bolzplatzes kicken. Ihre Vermieter sahen das gar nicht ein und verklagten sie daraufhin. Die Stadt Hamburg trat dem Streit bei.
Die Mieter hatten die Erdgeschosswohnung 1993 gemietet. Sie liegt direkt neben der Schule. 2010 wurde auf dem Schulgelände ein neuer Bolzplatz gebaut – 20 Meter von der Terrasse des Paares entfernt. Eigentlich sollen auf dem von einem hohen Metallzaun umschlossenen Bolzplatz mit einem Tor nur Kinder bis zu zwölf Jahren spielen und das auch nur unter der Woche bis maximal 18 Uhr. Ab Sommer 2010 beschwerten sich die Mieter gegenüber ihren Vermietern jedoch über Lärmbelästigungen. Sie stören sich an Jugendlichen, die abends und am Wochenende kicken.
"Es geht nicht um spielende Kinder"
„Dabei geht es ihnen nicht um spielende Kinder“, sagt die Hamburger Anwältin der Mieter, Catharina Narjes. Weil nur ein Tor da sei, kickten die Spieler den Ball ständig gegen den Metallzaun oder gegen nebenstehende Container, sagt die Anwältin. Besonders dieser Lärm setze ihren Mandanten und der gesamten Nachbarschaft zu, die Terrasse sei kaum noch nutzbar. Die Mieter kürzten die Miete ab Oktober 2010. Die Vorinstanzen billigten die Mietminderung: Während der Schulzeiten müsse das Paar den Lärm zwar akzeptieren, entschied das Landgericht Hamburg zuletzt. Beim Abschluss des Mietvertrages 1993 hätten sie die Entwicklungen auf dem Bolzplatz aber noch nicht absehen können. Dieser Lärm sei nicht vom Mietvertrag umfasst, die Mieter dürften also kürzen.
Der BGH wird prüfen, ob das Urteil Bestand haben kann. Dabei wird auch eine Regelung eine Rolle spielen, wonach die Lebensäußerungen von Kindern von Nachbarn akzeptiert werden müssen und in der Regel keine „schädliche Umwelteinwirkung“ sind. Das Landgericht war der Meinung, dass dieser Paragraf 22 Absatz 1a des Bundesimmissionsschutzgesetzes nicht zulasten der Mieter auf den Fall anwendbar ist. Die Norm war erst 2011 eingeführt worden, nachdem es vermehrt Prozesse gegen Kindertagesstätten gab.
Ärger um Kinderlärm gab es schon oft: Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hatte im Oktober 2008 den Betrieb einer Kindertagesstätte mit 60 Plätzen im Stadtteil Othmarschen verboten. Eine Kita dieser Größenordnung sei in dem „besonders geschützten Wohngebiet“ nicht zulässig, gab das Gericht damals den klagenden Nachbarn Recht.
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