Michael Jackson: Der letzte große Coup

Blamiert, heimatlos und pleite: So flüchtete Michael Jackson 2005 aus Amerika. Er zieht durch die Welt. Wie Tabletten den „King of Pop“ immer kränker machen, wie sein Comeback ihn retten soll.
Er verlässt den Gerichtssaal am 13. Juni 2005 als freier Mann – doch für seine Karriere, seine Gesundheit, seine Seele sind die 19 Monate Schauprozess um Kindesmissbrauch wie ein Todesurteil. Michael Jackson, der King of Pop, ist ein gebrochener Mann – und er ist heimatlos. Auf seiner Neverland Ranch, dem selbstgebauten Märchenland, will er nicht mehr bleiben. Und: Der bestbezahlte Pop- und Werbestar aller Zeiten ist pleite. Nach Jahren voller Verschwendung, Prunksucht und horrenden Prozesskosten hat er Millionen Dollar Schulden.
Michael Jackson flieht aus Amerika, zieht mit seinen Kindern Prince Michael I., Paris und Prince Michael II. (heute 12, 11 und 7) nach Bahrain, Irland und Las Vegas. Er verfällt in Depressionen und Angstzustände, verlässt das Haus fast nur noch mit Mundschutz und Sonnenbrille. Süchtig nach Tabletten magert er mehr und mehr ab, Jacko wird zum Schatten seiner selbst.
Scheich Abdullah bin Hamad Isa al-Khalifa, Sohn des Königs von Bahrain, nimmt ihn im April 2006 in seinem Palast in Abu Dhabi auf und bei seinem Label 2Seas Records unter Vertrag. Er zahlt Millionen für Jacksons Gerichtskosten, einen Europa-Urlaub und will ihm, so heißt es, helfen, seine Karriere neu zu starten. Doch dann kracht es zwischen den beiden, der Scheich zieht vor Gericht und will sein Geld zurück.
„Wenn ich es nicht mache, bringen sie mich um“
Im Mai 2006 tritt Michael Jackson das erste Mal wieder öffentlich auf, beim den MTV Video Music Awards in Tokio, wenig später auch in London bei den World Music Awards. Bleich, eingefallen, gequält lächelnd wirkt er, die Medien spekulieren darüber, wie angeschlagen Jackson gesundheitlich ist. Er ist süchtig nach den Schmerzmitteln Oxytocin und Demerol, hat Schwächeanfälle, fährt zeitweilig im Rollstuhl. Leibarzt Conrad Murray ist ständig in der Nähe. Sein Ex-Kindermädchen Grace Rwaramba wird später erklären, dass sie ihm regelmäßig Medikamentencocktails aus dem Magen pumpen musste.
Ist es Sehnsucht oder der verzweifelte Versuch, sich finanziell zu sanieren, der ihn mit 50, halb ängstlich, halb größenwahnsinnig, noch einmal auf die Bühne treibt? Am 5. März 2009 kündigt er sein Comeback an. „This Is It“ in der Londoner O2-Arena, die erste Konzertreihe nach zwölf Jahren. Der Run auf die Eintrittskarten ist eine Sensation. Aus zehn geplanten Konzerten werden 50. Als über eine Million Tickets verkauft sind, ist von einer Welttournee die Rede. Ein neues Album, ein Neverland-Museum, Musicals – man erwartet Erträge von über 300 Millionen Euro.
Jackson mietet sich ein neues Haus in L.A. – und der labile Perfektionist hat Angst. Vor der Anstrengung, vor Pannen, vor dem Publikum. „Wenn ich es nicht mache, bringen sie mich um“, fürchtet er. Und bereitet sich akribisch vor. Singt, tanzt, probt jeden Tag. Auch in der Nacht, bevor sein Herz aufhört zu schlagen. Nach dem Training sagt er zu seinem Manager: „Alles wird gut, ich bin glücklich.“ Am nächsten Tag ist der größte Popstar aller Zeiten tot.
Irene Kleber