Messer-Mann sticht in Hamburg um sich

Hamburg - Nach der Messerattacke in einem Hamburger Supermarkt hat die Polizei eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Langenhorn durchsucht. Dort soll der 26-jährige Angreifer gelebt haben. Der Mann aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hatte am Freitag einen 50-Jährigen getötet und sechs weitere Menschen zum Teil schwer verletzt.
Unklar ist weiter sein Motiv. Auch zum Ergebnis der Durchsuchung sagte ein Polizeisprecher am Samstagmorgen zunächst nichts. Neue Erkenntnisse werden von einer Pressekonferenz von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und der Polizei am Mittag (12 Uhr) erwartet.
Der Angreifer wurde nach Behördenangaben in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren, hatte Schutz in Deutschland gesucht und war eigentlich ausreisepflichtig. Nach bisherigen Ermittlungen hatte der Mann am Freitagnachmittag in dem Supermarkt mit einem Küchenmesser wahllos auf Kunden eingestochen und war dann geflohen.
Als Islamist bekannt?
Verfolger überwältigten den Angreifer, Beamte konnten ihn festnehmen. Man ermittele in alle Richtung, sagte ein Polizeisprecher. Bei den Verletzten handelt es sich um eine 50-jährige Frau und vier Männer im Alter von 19, 56, 57 und 64 Jahren. Ein 35 Jahre alter Mann wurde zudem bei der Überwältigung des Messerstechers verletzt.
Unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete der Tagesspiegel, der Verdächtige sei den deutschen Behörden als Islamist bekannt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gehen die Sicherheitsbehörden Hinweisen auf salafistische Bezüge nach.
Offen ist demnach aber, ob er ein ideologisches Motiv hatte. Es gebe auch Anhaltspunkte für persönliche Probleme wie Drogenkonsum. Darüber berichtete auch Spiegel Online. Nach Angaben von Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz konnte der Tatverdächtige nicht abgeschoben werden, weil er keine Papiere hatte.
Der SPD-Politiker erklärte, es mache ihn wütend, "dass es sich bei dem Täter offenbar um jemanden handelt, der Schutz bei uns in Deutschland beansprucht und dann seinen Hass gegen uns gerichtet hat".
Innensenator Grote nannte die Bluttat einen "erbärmlichen Anschlag". "Ich hoffe inständig, dass die zum Teil schwer verletzten weiteren Opfer überleben und wieder vollständig gesund werden", erklärte er.
Raubmotiv bestätigte sich nicht
Hinweise auf einen zweiten Täter gab es laut Polizei zunächst nicht. Zuvor hatte sie mitgeteilt, es handele sich "definitiv" um einen Einzeltäter. Meldungen über ein mögliches Raubmotiv hätten sich bisher nicht bestätigt, twitterte die Hamburger Polizei.
Kurz nach der Tat sicherten schwerbewaffnete Polizisten den Tatort im Stadtteil Barmbek. Rettungskräfte rückten mit einem Großaufgebot an, auch ein Rettungshubschrauber landete auf der Fuhlsbütteler Straße. Mittlerweile sperren rot-weiße Flatterbänder der Polizei sperren den gesamten Tatort ab. Eine Beamtin mit Mundschutz und Fotoapparat sichert auf der Straße Spuren.
Augenzeugen sprechen von "Allahu Akbar"-Rufen
Schräg gegenüber sitzt Kioskinhaber Omar (31) auf einem Stuhl vor seinem Laden. Zur Tat in seiner Nachbarschaft sagt er vor allem eins: "Ich finde das schockierend." Ein Anwohner sah den Mann mit dem Messer in der Hand die Straße entlanggelaufen. "Dann hat er mal das Messer kurz hochgehalten und "Allahu Akbar" geschrien, das hat er zweimal gemacht", sagt Remo Pollio (53). "Er hat das Messer in die Luft gehalten und dann "Allahu Akbar" gerufen - so habe ich das verstanden", berichtet auch Pollios Tischnachbar Ralph Woyna.
Die "Gott ist groß"-Aussagen bestätigt Polizeisprecher Timo Zill zunächst nicht. Es werde in alle Richtungen ermittelt, sagt er zu Fragen nach einem Terrorbezug.
Anwohner haben Angst
Woyna berichtet von seiner Angst, "das Adrenalin kommt dann schon". Er habe im Laden einen Stuhl in der Hand gehabt, um den Messerstecher auf Abstand zu halten, "falls er die Richtung ändert". Die beiden Männer beschreiben den Angreifer als groß, schlank, bekleidet mit T-Shirt und Jeans, vielleicht 25 bis 35 Jahre alt. "Ich hab' vor allem auf das lange blutige Messer geachtet", sagt Woyna.
Auch Shaylin Röttmer (18), Mitarbeiterin einer Bäckerei, beschreibt, was sie gesehen hat. "Leute sind mit Stühlen hinter dem Täter hergelaufen und haben ihn damit beworfen." Sie spricht von einer erschreckenden Tat. "Es ist so traurig", sagt sie im Gedenken an das Todesopfer.
"Wir sind tief betroffen und möchten allen Opfern und ihren Angehörigen unser tiefstes Mitgefühl aussprechen", teilt der Unternehmensverbund Edeka, zu dem der Supermarkt gehört, am Abend mit.
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