Mehr Menschen sterben im US-Wirbelsturm "Sandy"
Wirbelsturm "Sandy" hat die Ostküste der USA mit voller Wucht getroffen und mehr als ein Dutzend Menschen getötet. Dem US-Nachrichtensender CNN zufolge starben in den USA mindestens 13 Menschen, unter ihnen mehrere Kinder.
Washington/New York/Berlin - In Kanada wurde nach Polizeiangaben eine Frau von umherfliegenden Trümmern erschlagen. An der Küste kam es zu katastrophenartigen Zuständen mit Regen und Überflutungen. In einem Atomkraftwerk im Bundesstaat New Jersey gab es Hochwasser-Alarm. Millionen Menschen waren ohne Strom. In New York setzten Fluten viele U-Bahn-Schächte unter Wasser. Erste Schätzungen gehen von Schäden bis zu 20 Milliarden US-Dollar (15,5 Milliarden Euro) aus.
Wie CNN am Dienstagmorgen meldete, traf ein Ast nach Polizeiangaben im US-Staat Pennsylvania einen achtjährigen Jungen und tötete ihn. Zuvor waren schon bei New York zwei Kinder in einem Haus von einem herabstürzenden Ast erschlagen worden. Nach Angaben der Behörden spielten die beiden im Inneren des Hauses im Landkreis Westchester, als der große Ast das Dach durchschlug und die Kinder unter sich begrub. Auch im New Yorker Stadtteil Queens durchschlug ein Ast das Dach eines Holzhauses und tötete einen 29-jährigen Mann. In Toronto wurde eine Fußgängerin von umherfliegendem Schutt erschlagen, wie die Polizei über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.
Das öffentliche Leben in Millionenmetropolen wie New York, Washington und Philadelphia kam zum Erliegen. Laut CNN waren 6,5 Millionen Menschen in mehreren US-Bundesstaaten und in der Hauptstadt Washington von Stromausfällen betroffen. In einem New Yorker Umspannwerk gab es eine Explosion. Bilder zeigten einen gewaltigen Feuerball aus der Anlage in der Lower East Side von Manhattan am späten Montagabend. Von Verletzten wurde dort zunächst nichts bekannt.
Die Nahverkehrssysteme sowie Schulen, Behörden, Theater, Büchereien, Parks und zahlreiche Restaurants und Geschäfte blieben vielerorts geschlossen. Auch die Vereinten Nationen und die Börse an der Wall Street in New York blieben zu. In das geschlossene U-Bahn-System der Millionenmetropole drang der Verkehrsbehörde MTA zufolge Wasser ein. Windböen peitschten durch die Stadt, immer wieder waren Sirenen zu hören.
Im Atomkraftwerk Oyster Creek südlich von New York wurde wegen eines bedrohlich ansteigenden Wasserspiegels Alarm ausgelöst worden, teilte die US-Atomaufsichtsbehörde NRC am späten Montagabend (Ortszeit) mit. Das Kraftwerk im Bundesstaat New Jersey sei zu dem Zeitpunkt bereits abgeschaltet gewesen. Wind, Sturmflut und Regen hätten das Wasser zunächst stark anschwellen lassen. In den folgenden Stunden sollte es aber rasch ablaufen, hieß es. Oyster Creek ist seit 1969 am Netz und das älteste laufende Atomkraftwerk der USA.
Nach einer ersten Expertenschätzung könnte Wirbelsturm "Sandy" an der US-Ostküste Gesamtschäden von bis zu 20 Milliarden US-Dollar angerichtet haben. Diese Zahl nannte der auf Risikoanalysen spezialisierte Versicherungsdienstleister Eqecat in der Nacht zum Dienstag in Oakland. Allerdings war das Unwetter zum Zeitpunkt der Schätzung noch nicht vorbei.
Nach Angaben des US-Hurricane Centers erreichte das Auge des Wirbelsturms Sandy" am Montagabend (Ortszeit) im Bundesstaat New Jersey nahe der Spielermetropole Atlantic City die Küste. Teile der Strandpromenade wurden beschädigt. Dann wirbelte der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde an der US-Ostküste entlang. Zuletzt zog er insgesamt abgeschwächt weiter westwärts. Wetterexperten befürchteten aber, dass "Sandy" später im Nordosten auf einen Wintersturm treffen könnte. Diese Kombination könnte dann zum schwersten Unwetter seit Jahrzehnten führen.
In New York hatten fast 400 000 Menschen in tiefer gelegenen Gebieten der Metropole schon vor dem Sturm ihre Häuser und Wohnungen verlassen müssen. Tausende Flüge an die US-Ostküste - auch von und nach Deutschland - wurden gestrichen. Am Dienstag wurden in Frankfurt am Main und Hamburg erneut Flüge in die USA gestrichen. Auch die größte französische Fluggesellschaft Air France musste am Dienstag alle Verbindungen von und nach New York und Washington streichen.
Der Sturm wirkte sich bereits auf den Endspurt zur US-Wahl am 6. November aus. Sowohl Präsident Barack Obama als auch sein Herausforderer Mitt Romney sagten mehrere Termine ab. Obama kehrte von einer Wahlkampftour in Florida nach Washington zurück und rief die Bevölkerung eindringlich dazu auf, den Anweisungen der Behörden zu folgen. "Dies wird ein großer und mächtiger Sturm", warnte er im Weißen Haus. Er machte aber auch Mut: "Wir werden das zusammen überstehen." Obama rief für Washington und New York sowie für die Bundesstaaten Maryland, Massachusetts und Delaware den Notstand aus.
Bei einer dramatischen Rettungsaktion brachten zwei Hubschrauber der US-Küstenwache 14 Besatzungsmitglieder des Filmschiffs "Bounty" in Sicherheit. Eine Stunden später geborgene Frau starb. Der Kapitän des Schiffes wurde zunächst weiter vermisst.
Sturm "Sandy" hatte bereits auf dem Weg durch die Karibik mehr als 65 Menschen in den Tod gerissen.