Mehr Arroganz, meine Damen!
Nur jede 25. Frau in Deutschlands schafft es in die Chef-Etage. An der Kompetenz liegt es nicht, aber am fehlenden Hochmut, behauptet ein Unternehmensberater jetzt in seinem neuen Buch.
AZ: Herr Modler, laut dem US-Magazin „Forbes“ ist Bundeskanzlerin Angela Merkel die mächtigste Frau der Welt. Auch die Arroganteste?
PETER MODLER: Ich bin in den Kabinettssitzungen nicht dabei. Aber ich bin sicher, sie weiß genau, welche große Bedeutung etwa Pausen und langsames Sprechen haben. Sehr viele Frauen, die in Führungspositionen reinkommen, drücken aufs Tempo – besonders bei emotionalem Stress -und werden von ihren Kollegen nicht ernst genommen.
Warum nicht?
Die meisten Männer finden schnell sprechende Frauen nervig und schalten auf Durchzug.
Haben Sie ein Beispiel?
Eine Frau trägt in einer Besprechung ein sehr gutes, detailliert ausgeführtes Firmenkonzept vor – damit ist sie auf der intellektuellen Ebene…
Und?
Ein Kollege unterbricht sie: „Hör mal, weißt du, wo mein Autoschlüssel ist?“
Frechheit!
Ja, ein klarer Angriff, nur halt nicht intellektuell.
Was raten Sie?
Sie muss diesem Idioten eins reindrücken – genau auf seiner unsachlichen Ebene. Zum Beispiel: „Deine Schrottkiste interessiert hier niemanden.“
Hält er dann den Mund?
Vermutlich. Männer finden es durchaus okay, wenn man's ihnen „zeigt“. In besonders despektierlichen Fällen kann die Frau dem Mann auch mal den Stinkefinger zeigen – mit einem hochmütigen Lächeln.
Arrogante Menschen sind nicht gerade beliebt.
Ich empfehle Frauen in meinem Buch die Arroganz ja nicht als Lebenshaltung. Sondern als Werkzeug am Arbeitsplatz – bei Konflikten mit Männern. Arrogantes Auftreten bringt ihnen deren Achtung. Erst dann kommen sie auch inhaltlich zum Zug.
Warum können Frauen sich nicht mit ihrer Leistung durchsetzen?
Weil sie die meist selbst runterbürsten. Frauen haben ein „Demuts-Ritual“: Sie schämen sich, ihre Verdienste rauszuhängen, hoffen dann aber, dass andere das als Ritual durchschauen und sie trotzdem loben.
Durchschauen Männer das?
Eben nicht. Die glauben, wenn jemand nicht über seine Leistung reden kann, hat er nichts drauf.
Im Beruf ist's also wie häufig daheim – Mann und Frau reden aneinander vorbei.
Diese Übersetzungsprobleme sind in Führungspositionen besonders häufig. Es gibt da einfach zwei unterschiedliche Sprach-Systeme. Das meine ich ohne moralische Wertung. Japanisch ist nicht besser als deutsch. Es ist nur anders. Genauso ist es mit der Männer- und Frauensprache in Betrieben.
Wo hakt's besonders?
Frauen verzappeln sich verbal und stellen sich eher ins Glied: „Wir haben das toll hinbekommen.“ Männer stellen sich selbst heraus: „Ich habe…“ Überhaupt reden sie mehr Klartext: „Das muss so sein, das geht so nicht.“
Und die Frauen?
Die verfallen gern in den Konjunktiv: „Ich würde vielleicht, das wäre schön…“
Was ist mit der viel gelobten weiblichen Sozialkompetenz?
Gerade damit bleiben Chefinnen oft auf der Strecke. Ihre Freundlichkeit und Argumente werden von Männern meist als Schwäche ausgelegt.
Ist Arroganz nicht auch ein Zeichen von Schwäche?
Das kommt nur Frauen so vor. Weil sie von klein auf auf Harmonie gepolt sind.
Woher nehmen Männer ihr Selbstwertgefühl?
Von den 100 bis zu 200 Rivalitätsspielen, die täglich in Sekundenschnelle passieren.
Wie gehen die?
Einer klopft dem anderen im Vorbeigehen auf die Schulter: „Sie sehen ja immer noch so mies aus wie gestern.“ Der kontert: „Das passiert immer nur, wenn ich Sie sehe.“ Schon geht's weiter – im Vorzimmer des Chefs, in der Kantine, auf dem Firmen-Parkplatz…. Die meisten Männer haben Spaß an solchen Spielen, weil sie auf diese Weise immer wieder ihre jeweilige Position in der Gruppe testen können.
Frauen empfinden solche Spiele eher als persönlichen Angriff.
Ja, das weiß ich von meinen Klientinnen. Manche finden erst Tage später den Mut, den Kollegen anzusprechen, der sie abgekanzelt oder aggressiv behandelt hat. Der fällt dann aus allen Wolken, hat das längst vergessen.
Typischer Mobber?
Nein, der war nur gedankenlos, hat bei seinem Rivalitätsspiel nicht realisiert, dass ihm kein Mann gegenüberstand.
Muss Frau also den Kerl geben?
Sie muss nicht zum Mann werden oder diese für sie bizarre Sprache und die merkwürdigen Spiele gut finden. Aber um in der Chef-Etage mitzumischen, müssen Frauen beides lernen – wie eine Bühnenrolle. Am Feierabend ziehen sie ihr Bühnenkostüm dann wieder aus.
Apropos Outfit – haben es schicke, schöne Frauen auf der Karriereleiter leichter?
Das hängt von der Branche ab. Eine Regel gilt immer: Sie dürfen nicht zu sexy sein. Wenn der Rock zu kurz und der Ausschnitt zu tief ist, darf sich die Frau nicht wundern, wenn Männer mehr über ihre Körbchengröße spekulieren als über ihre berufliche Durchsetzungskraft.
Das ist aber kein Plädoyer für graue Hosenanzüge?
Um Himmelswillen, niemals! Eine Frau soll ihre Weiblichkeit in Führungspositionen nicht verstecken, sondern optisch auffallen. Wenn sie elegant und mit richtiger Power auftritt, ist Männern das vielleicht etwas unheimlich, aber sie nehmen sie ernst. Ein guter Anfang.
Interview: Renate Schramm
„Das Arroganz-Prinzip“, Krüger Verlag, 240 Seiten, 16,95 Euro
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