Massentötungen an Hunden: Müller geschockt
Die Proteste gegen das massenhafte Töten von streunenden Hunden im Vorfeld der EM 2012 werden immer massiver – doch das osteuropäische Land will nicht einlenken.
KIEW - Aufstand gegen die Hundetötungen in der Ukraine: Nachdem im Vorfeld der Fußball-EM 2012 zahlreiche Tierschutzorganisationen über Massentötungen an diesen Tieren berichtet haben, ist ein Sturm der Entrüstung über die Verantwortlichen in das osteuropäische Land hereingebrochen. Ministerpräsident Nikolas Asanow hat daraufhin alle Städte und Gemeinden aufgefordert, die Tötungsaktionen zu beenden und die Täter hart zu bestrafen.
Unklar ist, ob diese Aufforderung von den Bürgermeistern auch befolgt wird. Deutsche Nationalspieler wie Bayern-Star Thomas Müller sind entsetzt über die Tötungen im EM-Land. Eine halbe Million streunender Hunde gibt es in der Ukraine, allein in der Hauptstadt Kiew mit ihren 2,7 Millionen Einwohnern soll es 16000 herrenlose Hunde geben. Bei den umstrittenen Tötungsaktionen werden die Tiere vergiftet oder – nachdem sie mit einem Muskelgift ruhig gestellt wurden – bei lebendigem Leib verbrannt.
„Die Anweisungen der Politik haben de facto keine Auswirkung“, sagte Maja von Hohenzollern vom Verein Europäischer Tier- und Naturschutz nach ihrer Rückkehr aus der Ukraine zur AZ. „Ich bin mir ganz sicher, dass das Töten weitergeht – vor allem im Osten des Landes.“ Tamara Tarnawska, Präsidentin der ukrainischen Tierschutzorganisation SOS, stimmt dem zu: „Ich versuche seit acht Jahren, Tierheime für streunende Hunde aufzubauen. Die Politik tut gar nichts.“
Bereits einen Tag nach den Ankündigungen der Politik habe sie wieder zehn vergiftete Hunde in ihrer Straße gefunden, berichtete sie der AZ. Auch wenn die Regierung jetzt Druck ausübe, Tarnawska glaubt nicht daran, dass sich langfristig etwas ändern wird: „Die Politiker reagieren nur auf den Druck aus Westeuropa.“ In der Tat ist dieser in den letzten Tagen extrem gestiegen. Vor allem Videos totgequälter Hunde, die Tierschutzorganisationen wie Peta ins Netz gestellt haben, riefen eine Welle der Empörung hervor.
Prominente wie Schauspielerin Brigitte Bardot wandten sich in einem offenen Brief an den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gegen die Tötungen. In sozialen Netzwerken wie Facebook häuften sich Boykottaufrufe für die Fußball-EM und ihre Sponsoren. Profi-Fußballer Thomas Müller, selbst Hundebesitzer, drückte auf seiner Facebook-Seite seine „Abscheu“ gegenüber dieser „Tierquälerei“ aus – und erntete dafür viel Zuspruch.
In anderen Kanälen des sozialen Netzwerks verlief die Diskussion jedoch derart hitzig, dass Facebook mit der Löschung einer Fanseite der Aktion „EM 2012 ohne Tiermord“ gedroht hat. AZ-Recherchen zufolge versteht man in der Ukraine die Aufregung nicht. Im Gegenteil: Sehr viele Ukrainer sehen die Streuner als gefährlich und als Schande für ihr Land an. Deshalb ist ein langfristiger Politikwechsel in punkto Tierschutz eher unwahrscheinlich. Vor allem in einem Land, in dem nicht nur Tiere, sondern auch jedes Jahr ungezählte Obdachlose auf der Straße sterben.