„Massaker an Vögeln“
BONN/MAILAND - Tierschützer aus ganz Europa machen gegen Wilderer in Italien mobil. Die verdienen ein Vermögen mit der Jagd auf Singvögel, die an Delikatessenläden verkauft werden.
Sie entdecken Buchfinken, Rotdrosseln, Zeisige, Heckenbraunellen oder Seidenschwänze – eigentlich ein schöner Fund für Tierfreunde. Doch die kleinen Singvögel sind tot, qualvoll verendet in Netzen, die Wilderer gespannt haben: Diese furchtbare Entdeckung machen nun Tag für Tag rund 50 Deutsche vom „Komitee gegen den Vogelmord“ in Norditalien. Trotzdem sehen sie einen Erfolg: „Wir haben schon zahlreiche Wilderer dingfest machen lassen, hunderte von Fallen und Netzen unschädlich gemacht“, sagt Axel Hirschfeld, Sprecher des Komitees, der AZ.
Seit dem 4. Oktober ist die deutsche Gruppe, unterstützt von rund 50 Vogelschützern aus anderen europäischen Ländern in Cuneo, am gleichnamigen See stationiert. Jeden morgen klingeln noch vor Morgengrauen die Wecker, dann machen sich die Frauen und Männer in kleinen Gruppen auf den Weg ins Gelände – manchmal in Höhen bis 3000 Meter. Stets sind sie auf der Suche nach Fallen oder aufgespannten Netzen.
Sind sie fündig geworden, alarmieren sie die italienische Forstpolizei, die mit dem Komitee zusammenarbeitet: Über kurz oder lang treffen die Wilderer ein, um ihre Beute einzusammeln, die später in den Kochtöpfen von italienischen Feinschmeckern landen sollen. Die Polizeieamten machen sie dann sofort dingfest. Weil sie als traditionelle Delikatesse begehrt sind, werden in Italien jedes Jahr unzählige geschützte Singvögel gefangen oder abgeschossen. Ein Millionengeschäft für Wilderer und Delikatessenhändler, die bis zu 500 Euro für ein Kilo Rotkehlchen verlangen.
Doch es gibt, so Axel Hirschfeld zur AZ, „einen Silberstreifen am Horizont – die gute Zusammenarbeit mit der Forstpolizei“. Das war nicht immer so. Denn in früheren Zeiten seien die lokalen Polizisten oft gar nicht an Aufklärung interessiert gewesen: „Sie gehörten selber zu den Wilderern – oder waren mit ihnen verwandt oder gut befreundet.“
Die Forstpolizisten stammen dagegen nicht aus der Region, wurden aus allen Landesteilen zusammengezogen, um solche Interessenskollisionen zu vermeiden. „Die Zahl der bei jedem Einsatz gefundenen Fanggeräte ist zwar immer noch hoch, sie geht aber seit Jahren kontinuierlich zurück“, resümiert Komitee-Geschäftsführer Alexander Heyd.
Zu einem regelrechten „Massaker an Zugvögeln“, so Hirschfeld, kam es dagegen jüngst auf der Insel Malta. Trotz massiver Polizeipräsenz und der Anwesenheit zahlreicher ausländischer Vogelschützer hatten Jäger dort Hunderte streng geschützte Greifvögel, Störche und andere Seltenheiten abgeschossen.
Die maltesischen Medien veröffentlichten Videos, auf denen zu sehen ist, wie Wilderer Rohrweihen, Schwarzstörche und andere Zugvögel vom Himmel schießen. Wegen starkem Gegenwind hatten zuvor zehntausende Zugvögel die Insel angeflogen, um auf dem Weg nach Afrika einen Zwischenstopp einzulegen. Für viele Tiere eine tödliche Entscheidung. Michael Heinrich
Mehr Infos: www.komitee.de Spendenkonto: Konto Nr. 042000 000, BLZ 20070024 (Deutsche Bank Hamburg)
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