Mars-Mission: 520 Tage im Simiulator

Nach 520 Tagen steigen sechs Männer aus einem nachgebauten Raumschiff: Nach dem gefühlten Flug von 100 Millionen Kilometern wirken sie blass – aber glücklich.
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Die Mars500-Crew posiert in Moskau (undatiertes Handout). Luke auf für den Schlussakt des längsten Isolationsexperiments der Raumfahrt: Sechs Männer beenden am 4. November 2011 nach 17 Monaten eine virtuelle Reise ins All.
dpa 6 Die Mars500-Crew posiert in Moskau (undatiertes Handout). Luke auf für den Schlussakt des längsten Isolationsexperiments der Raumfahrt: Sechs Männer beenden am 4. November 2011 nach 17 Monaten eine virtuelle Reise ins All.
Ein Bildschirmfoto des russischen Fernsehsenders NTV zeigt den Italiener Diego Urbina und seinen russischen Kollegen Alexander Smolejewski bei der Simulation einer Landung auf dem Planeten Mars, aufgenommen in Moskau (Archivfoto vom 14.02.2011).
dpa 6 Ein Bildschirmfoto des russischen Fernsehsenders NTV zeigt den Italiener Diego Urbina und seinen russischen Kollegen Alexander Smolejewski bei der Simulation einer Landung auf dem Planeten Mars, aufgenommen in Moskau (Archivfoto vom 14.02.2011).
Ein Mitglied des Raumflug-Projekts Mars500 beim Training des "Außeneinsatzes" in Moskau (undatiertes Handout).
dpa 6 Ein Mitglied des Raumflug-Projekts Mars500 beim Training des "Außeneinsatzes" in Moskau (undatiertes Handout).
Der italienische «Raumfahrer» Diego Urbani (r) probiert seinen Raumanzug für das Mars 500 Experiment an auf dem Gelände des Institutes für biomedizinische Probleme (IBMP) der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau (Archivfoto vom 24.05.2010).
dpa 6 Der italienische «Raumfahrer» Diego Urbani (r) probiert seinen Raumanzug für das Mars 500 Experiment an auf dem Gelände des Institutes für biomedizinische Probleme (IBMP) der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau (Archivfoto vom 24.05.2010).
Container auf dem Gelände des Institutes für biomedizinische Probleme (IBMP) der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau dienen als Ersatz für ein Raumschiff
dpa 6 Container auf dem Gelände des Institutes für biomedizinische Probleme (IBMP) der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau dienen als Ersatz für ein Raumschiff
Die Mars500-Crew gibt am 04.11.2011 nach Beendigung des Experiments eine Pressekonferenz. Nach 520 Tagen in einem nachgebauten Raumschiff sind die sechs Teilnehmer eines simulierten Fluges zum Mars wieder in Freiheit.
dpa 6 Die Mars500-Crew gibt am 04.11.2011 nach Beendigung des Experiments eine Pressekonferenz. Nach 520 Tagen in einem nachgebauten Raumschiff sind die sechs Teilnehmer eines simulierten Fluges zum Mars wieder in Freiheit.

Moskau – Ende des längsten Isolationsexperiments in der

 

Geschichte der Raumfahrt: Nach 520 Tagen in einem nachgebauten

 

Raumschiff sind die sechs Teilnehmer eines simulierten Fluges zum

 

Mars überglücklich wieder in Freiheit. Die drei Russen, ein Franzose,

 

ein Italiener sowie ein Chinese stiegen am Freitag in Moskau in

 

blauen Overalls vor Freude strahlend aus dem röhrenförmigen

 

Forschungsmodul. „Es war eine Ehre, dabei zu sein. Ich freue mich auf

 

Tage, die nicht durchgeplant sind“, sagte der Italiener Diego Urbina,

 

der an dem Experiment Mars500 teilgenommen hatte.

 

   Gegen 11.00 Uhr MEZ öffneten Mitarbeiter des Instituts für

 

Biomedizinische Probleme (IMBP) eine versiegelte Luke, um die

 

Isolationsstudie planmäßig zu beenden. Das Experiment gilt als

 

wichtiger Schritt zu einem echten Flug zum Mars. Russland hofft, in

 

mehr als 20 Jahren – Mitte der 2030er Jahre – erstmals einen Flug zum

 

Roten Planeten umzusetzen.

 

   Frauen empfingen die etwas blassen, aber glücklichen Männer mit

 

Rosen. Umarmungen oder andere Berührungen waren aber wegen der

 

Ansteckungsgefahr nicht erlaubt. Wissenschaftler aus Russland und

 

Deutschland sowie Familienangehörige nahmen die Männer mit heftigem

 

Applaus in Empfang. Angehörige winkten von einer Tribüne in dem

 

Forschungszentrum den nach anderthalbjähriger Isolation entlassenen

 

Männern zu.

 

   Kurz danach wurden sie zu einer dreitägigen ärztlichen

 

Untersuchung gebracht. Zwischen den „Marsonauten“ und den Zuschauern

 

gab es ein Absperrband. „Die sauerstoffreichere Atemluft hier draußen

 

wird in den Köpfen der Crew ein ganz besonderes Euphoriegefühl

 

auslösen“, hatte IMBP-Experte Alexander Suworow vor dem Ende des

 

Experiments angekündigt.

 

   Die Teilnehmer simulierten seit dem 3. Juni 2010 genau 17 Monate

 

lang den mehr als 50 Millionen Kilometer weiten Flug zum Mars und

 

zurück, inklusive eines virtuellen Spaziergangs auf dem Roten

 

Planeten. „Wir haben gezeigt, dass wir eine so lange Weltraummission

 

absolvieren können“, sagte der Franzose Romain Charles. „Wir haben

 

den ersten Schritt zum Mars unternommen. Alles andere liegt jetzt in

 

den Händen von Ingenieuren und Ärzten“, betonte der Russe Suchrob

 

Kamolow.

 

   Das etwa zehn Millionen Euro teure Projekt, an dem sich auch das

 

Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Europäische

 

Weltraumbehörde Esa beteiligt hatten, soll Erkenntnisse für die

 

Mission zum Mars in einigen Jahrzehnten bringen. Eine solche Reise

 

würde vermutlich fast zwei Jahre dauern – daher die gut 500 Tage in

 

Isolation.

 

   Die „Marsonauten“ wollen am 8. November während einer

 

internationalen Pressekonferenz in der russischen Hauptstadt

 

ausführlicher von ihren Erfahrungen berichten. An dem Experiment

 

hatten Alexander Smolejewski, Alexej Sitjow, Suchrob Kamolow (alle

 

aus Russland), Wang Yue (China), Romain Charles (Frankreich) sowie

 

Diego Urbina (Italien) teilgenommen.

 

   Nach Angaben von Wladimir Popowkin, dem Chef der russischen

 

Raumfahrtbehörde Roskosmos, waren die Teilnehmer aus 6000 Bewerbern

 

ausgesucht worden. Sie hatten während der Isolation kaum Kontakt zur

 

Außenwelt und wurden von Medizinern und Psychologen beobachtet. Nach

 

russischen Angaben interessierte etwa, ob die heterosexuellen Männer

 

in Ermangelung von Frauen Gefühle füreinander entwickelten.

 

   „Nicht in den Gedanken und auch nicht in den Handlungen war

 

irgendetwas, was auf eine Linkspolung hingedeutet hätte“, meinte der

 

Vizedirektor des Projekts, Mark Belakowski. Die Männer hätten

 

vielmehr eine echte Freundschaft entwickelt. Nach Angaben Moskauer

 

Medien erhielten die Russen drei Millionen Rubel (70 000 Euro) für

 

ihre Teilnahme. Der Betrag war erhöht worden, nachdem die Summe für

 

die westlichen Teilnehmer bekanntgeworden war – Charles und Urbina

 

bekamen nach inoffiziellen Angaben mindestens 70 000 Euro.

 

   Wissenschaftler der Universität Erlangen nutzten das Projekt, um

 

die Balance des Salz- und Wasserhaushalts zu analysieren. Mehr als 30

 

Kameras übertrugen das Geschehen im Container – abgesehen von den je

 

drei Quadratmeter „großen“ Privatkammern – in einen nahen

 

Kontrollraum. Die Männer müssten nun noch mehrere Wochen für

 

nachträgliche Tests zur Verfügung stehen, sagte Peter Gräf vom DLR.

 

„Die ganz große Freiheit ist das nach dem Ausstieg noch nicht.“

 

 

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