Madoff-Sohn begeht Selbstmord zum Skandal-Jahrestag
NEW YORK/BERLIN - Die Geschichte vom größten Finanzschwindel aller Zeiten nimmt eine tragische Wendung. Der ältere Sohn des Milliardenbetrügers Bernard Madoff nahm sich das Leben – auf den Tag genau zwei Jahre nachdem er seinen Vater angezeigt und so die Lawine ins Rollen gebracht hatte.
Ein Sohn des Milliardenbetrügers Bernard Madoff hat Selbstmord begangen. Er nahm sich das Leben exakt zwei Jahre nach Ausbruch des Skandals, wie Anwälte der Familie bestätigten. Mark Madoff sei am Samstag erhängt in seiner New Yorker Wohnung aufgefunden worden, bestätigte die Polizei. Bernard Madoff hatte den Betrug seinen beiden Söhnen offenbart und war auf deren Hinweis hin festgenommen worden.
Der 46-Jährige Mark Madoff wurde am Samstagmorgen von seinem Schwiegervater tot aufgefunden, wie US-Medien berichteten. Er habe sich an einer Hundeleine erhängt, schrieb unter anderem das „Wall Street Journal“. Sein zweijähriger Sohn schlief demnach im benachbarten Zimmer mit dem Hund an seiner Seite. Mark Madoff habe seiner Frau, die sich mit einem weiteren Kind des Paars in Florida aufhielt, kurz davor eine E-Mail geschickt. Darin habe er gebeten, dass jemand vorbeikommen und nach dem Kleinkind sehen solle. Laut den Polizeikreisen wurde kein Abschiedsbrief gefunden.
Zuletzt hatte es geheißen, Mark sei über den jahrzehntelangen Betrug seines Vaters sehr verbittert gewesen. Das „Wall Street Journal“ schrieb kürzlich, die beiden Madoff-Söhne Mark und Andrew hätten in den vergangenen zwei Jahren kein einziges Wort mit ihren Eltern gewechselt.
Madoffs Söhne hatten zwar in der Firma ihres Vaters gearbeitet, sollen aber von dem gewaltigen Schneeball-System keine Ahnung gehabt haben. Gegen sie wurde nicht ermittelt. Allerdings wurden sie von dem Treuhänder verklagt, der versucht, Geld für Madoffs Opfer zu sammeln.
Die Söhne standen in den vergangenen Jahren unter immensem Druck. Immer wieder wurde öffentlich angezweifelt, ob sie wirklich so lange ahnungslos geblieben sein könnten. Sie sollen sogar erwägt haben, ihre Nachnamen zu ändern. Die Frau von Mark Madoff beantragte dies auch tatsächlich und begründete es mit Drohungen, die sie erhalten habe. Madoff hinterlässt zwei weitere Kinder aus seiner ersten Ehe.
„Es ist eine schreckliche und unnötige Tragödie“, hieß es in einer Erklärung der Anwaltsfirma der Madoff-Söhne zu Marks Tod. Er sei ein unschuldiges Opfer der Machenschaften seines Vaters.
Madoffs Firma hatte auf dem Papier ein Volumen von mehr als 60 Milliarden Dollar – tatsächlich war jedoch kaum etwas da, weil der Finanzier die Gewinner früherer Kunden einfach mit den Investitionen der nächsten Anleger bezahlte.
Nach jüngsten Schätzungen soll Madoff über Jahre bei mehreren tausend Investoren rund 20 Milliarden Dollar eingesammelt haben. Es war der größte Wirtschaftsbetrug der Geschichte. Der 72-Jährige wurde im Juni 2009 zu 150 Jahren Haft verurteilt. Die Strafe sitzt er in einem Bundesgefängnis in North Carolina ab.
Am Samstag lief auch die Frist ab, bis zu der Madoff-Treuhänder Irving Picard Geld von mutmaßlichen Nutznießern des Betrugssystems zurückfordern konnte. Zum Schluss feuerte Picard seine bisher größte Klage ab: Von der österreichischen Bankerin Sonja Kohn verlangt er 19,6 Milliarden Dollar. Er wirft ihr in einer Klage vor, über Jahrzehnte wissentlich Investoren an Madoff weitervermittelt und dafür Millionen an Provisionszahlungen kassiert zu haben.
Insgesamt haben Picards Klagen gegen diverse Finanzunternehmen inzwischen ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar erreicht. Mehr als 100 Klagen sind bereits anhängig. Unter den Beklagten sind bekannte Namen wie die britische HSBC oder der US-amerikanische Branchenriese JP Morgan. Bisher hat der 69-jährige Jurist etwa 2,6 Milliarden Dollar für Madoffs Opfer zusammengekratzt. Laut „New York Times“ trauen ihm informierte Personen zu, insgesamt um die zehn Milliarden Dollar einzutreiben – das wäre immerhin etwa die Hälfte der verlorenen ursprünglichen Investitionen.
dpa