Luftfahrtexperte: „Ein Gewitter kann ein Flugzeug zerstören“

Gerät ein Flugzeug in ein Gewitter, kann es ganz schnell vorbei sein - weiß der Münchner Luftfahrtexperte Peter Pletschacher. Andere Experten halten einen Anschlag auf die Air France-Maschine 477 weiterhin für möglich.
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Ein A330 der Air France. 228 Menschen fanden in so einem Jet den Tod.
ap Ein A330 der Air France. 228 Menschen fanden in so einem Jet den Tod.

MÜNCHEN - Gerät ein Flugzeug in ein Gewitter, kann es ganz schnell vorbei sein - weiß der Münchner Luftfahrtexperte Peter Pletschacher. Andere Experten halten einen Anschlag auf die Air France-Maschine 477 weiterhin für möglich.

Schwere Turbulenzen in den Tropen – das hat mit dem Gerüttel eines „unruhigen Flugs“ nichts zu tun. Wer in solche Gewitterfronten gerät, der kommt in Teufels Küche. Im Fall der Air France-Maschine war es womöglich eine tödliche Falle für 228 Menschen. Auch ein Anschlag ist nach Expertenmeinung nicht ganz ausgeschlosen.

„In einem Tropengewitter werden Kräfte frei, die ein Flugzeug zerstören können“, sagt der Münchner Luftfahrtexperte Peter Pletschacher: „Kein Pilot geht da freiwillig rein.“ Pletschacher, Chef des Luftfahrtpresseclubs, kann sich nicht erklären, warum der erfahrene Air-France-Pilot mit seinem vollen A 330 in eines der typischen Tropengewitter geflogen sein soll: „Das ist reine Spekulation, aber der Pilot sieht auf dem Wetter-Radar, was auf ihn zukommt.“ Der Kapitän weicht normalerweise aus, selbst wenn die Front wie im vorliegenden Fall 200 Kilometer breit war.

"Gewitter werden bei uns immer heftiger"

Ist er vielleicht ein großes Risiko eingegangen, um eine Verspätung zu vermeiden oder Treibstoff zu sparen? „Kein Pilot lässt sich von einer Verspätung unter Zeitdruck setzen“, meint der Experte.

Sind Gewitter im Rahmen des Klimawandels heftiger, ist das Fliegen gefährlicher geworden? „Tropengewitter waren schon immer gefährlich“, sagt Pletschacher: Allerdings: „In unseren Breiten werden Gewitter heftiger.“

"Etwas plötzliches Brutales muss pasiert sein"

Bis zu 18 Kilometer hoch steigen die Gewitterzellen in den Tropen, Überfliegen ist da unmöglich. Aber der Pilot kann ausweichen. Von grün bis rot ansteigend wird die Energie der Gewitter auf dem Wetter-Radar angezeigt: „Das sieht der Pilot 100 bis 200 Kilometer im voraus“, sagt Pletschacher der AZ. „Allerdings können Gewitter-Zellen dort schnell zusammenwachsen.“ Es könne daher sein, dass die Maschine in den Gewittern „plötzlich gefangen“ sei.

Dann muss eine Verkettung unglücklicher Umstände zur Katastrophe geführt haben. „Es muss etwas Plötzliches, Brutales passiert sein“, sagt Pletschacher. Und sein Kollege Cord Schellenberg sagt: „Man darf auch einen Anschlag nicht ausschließen.“ Nur ein plötzlicher Druckabfall, der alle an Bord sofort ohnmächtig werden lässt, das Auseinanderbrechern der Maschine zum Beispiel, kann nach Schellenbergs Ansicht erklären, warum der Pilot keinen Notruf mehr abgesetzt hat.

Auch moderne Flugzeuge sind Blitzableiter

Im Fall eines Unglücks hält es Schellenberg für „so gut wie ausgeschlossen, dass nur eine Ursache verantwortlich war“. Die Einschätzung der Airline, dass ein Blitz verantwortlich sei, halten alle Experten für unwahrscheinlich.

Die Vorstellung, moderne Jets seien anfälliger für Blitze, weil weniger Metall verbaut wird und deshalb die blitzableitende Eigenschaft des Rumpfs aufgehoben wird (Faradayischer Käfig), weist Pletschacher zurück: „Es werden eigens leitende Materialien in die Flugzeuge eingebaut.“

Matthias Maus

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