Lob für Grundschüler

Im internationalen Vergleich behaupten sich deutsche Zehnjährige im oberen Drittel. Doch noch zu viele Kinder gelten als Problemfälle – und Arbeiterkinder sind viel zu sehr benachteiligt
BERLIN Wenn Vergleichstudien über die Leistungsfähigkeit deutscher Schüler anstehen, rutscht manchen Bildungspolitiker hierzulande das Herz in die Hose. Zu verheerend war in der Vergangenheit das Abschneiden bei manchen PISA-Studien. Seit gestern ist teilweises Aufatmen angesagt. Denn die deutschen Grundschüler schneiden beim Rechnen, Lesen und in den Naturwissenschaften überdurchschnittlich gut ab. Sowohl bei der TIMSS-Studie (Rechnen und Naturwissenschaften) als auch bei der IGLU-Untersuchung (Lesen) liegen sie im oberen Drittel. So landeten die deutschen Viertklässler beim Lesen gemeinsam mit Italien, Israel und Portugal auf Rang 13. Beim Rechnen erreichten sie Platz 15 von 50. Erfreulich: Die Leistungen von Migrantenkindern sind deutlich gestiegen.
"Wir vergeuden Talente"
Allerdings gibt es auch eine Kehrseite. Die Staatssekretärin im Bundesbildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen bemängelte bei der Vorstellung der beiden Studien die hohe Zahl von Sorgenkindern. So können 15,4 Prozent der Schüler nicht so gut lesen. mehr als jeder sechste Viertklässler gilt als Risikoschüler, weil ihm große Probleme beim Übertritt in die Sekundarstufe I drohen. „Das ist sicherlich ein Problem“, sagte Bildungsforscher Wilfried Bos, der an den Studien mitgearbeitet hat. Besorgniserregend ist für Bos auch, dass nur jeder zehnte Schüler beim Lesen und Verstehen von Texten Spitzenleistungen vollbringt: „Wir vergeuden unsere Talente.“
Fast jedes fünfte Kind verlässt die Grundschule auch mit ungenügenden Rechen-Kenntnissen. Dies sei „gesundes Mittelfeld. Aber wollen wir das?“, fragt Bos. Ähnliches gilt in den Naturwissenschaften. Bemängelt wurde auch, dass fast ein Viertel aller Schüler Bedarf an Leseförderung hätte, aber nur zehn Prozent sie erhalten. Und: Die Leistungen sind oft an die Schichtzugehörigkeit gekoppelt. „Ein Kind von einem Professor oder einem Chefarzt hat eine 4,7-fache höhere Chance zur Gymnasialempfehlung als das Kind eines Facharbeiters“, so Bos.
Dies sind ein paar Beispiele von Mathematik-Aufgaben der TIMSS-Studie:
1) Dreitausend Eintrittskarten für ein Fußballspiel sind von 1 bis 3000 durchnummeriert. Wer eine Eintrittskarte mit einer Nummer hat, die auf 112 endet, erhält einen Preis. Schreibe alle Gewinnnummern auf.
2) Farbe gibt es in 5-Liter-Eimern. Simon braucht 37 Liter Farbe. Wieviel Eimer Farbe muss er kaufen?
3) Der Schulhof einer Schule ist ein Quadrat. Er ist 100 Meter lang. Ruth geht einmal um den Schulhof herum. Wie weit muss sie gehen?
4) Auf einem Schiff sind 218 Passagiere und 191 Besatzungsmitglieder. Wie viele Leute sind insgesamt auf dem Schiff?