Lesen 2.0
Acht Millionen wollen sie verkaufen – allein im vierten Quartal des Jahres peilt Branchenführer Amazon ein ehrgeiziges Ziel für seinen „Kindle“ an. Die Deutschen sollen ein neues Kapitel aufschlagen und endlich elektronisch lesen. Noch zögern sie. Aber die Revolution schleicht heran. Noch beziffern Verlagsleute den Umsatzanteil der E-Books am Buchmarkt im einstelligen Prozent-Bereich.
Bücherleser sind konservativ, schätzen das Gefühl von Papier, oder das Leder des Einbands. Doch die Zeiten ändern sich – wenn auch unterschiedlich schnell. Englische Reisegesellschaften im Zug lesen ihre Krimis weit häufiger auf den E-Readern als deutsche. Und an italienischen Stränden war im Sommer 2011 das Ipad schon keine Besonderheit mehr. Vor dem großen Boom gibt es aber noch einige Hindernisse.
So bunt der Büchermarkt, so unterschiedlich ist auch das Angebot für die „E-Reader“. Zwar gibt es Geräte schon für 59,95 wie den Trekstor, den zum Beispiel Hugendubel verkauft. Er hat aber ein LCD-Display, was sich als ermüdend erweisen kann – vor allem bei blendenden Lichtverhältnissen. Außerdem muss er nach acht Stunden ans Ladegerät. Tester wie Chip-online oder Teltarif bemängeln das auch beim IPad, dem Wunder-Tablett von Apple.
Besser kommt in Tests die „eInk Technology“ das sogenannte elektronische Papier weg. Sie stellt den Text dunkelgrau auf hellgrau dar, was nur auf den ersten Blick ermüdend scheint. Die neuesten Versionen (Kindle) sind flimmerfrei und absolut energiesparend, weil Strom nur beim Umblättern und bei aktivem W-Lan verbraucht wird. Manche Reader müssen Monate nicht an die Steckdose, im Gegensatz zu den LCD-Typen. 1400 bis 3500 Bücher passen auf die Festplatten (normalerweise zwischen zwei und vier Gigabyte), Aber nicht jeder Reader kann alles lesen. Entscheidet man sich für den Kindle, ist man auf die Amazon-Bibliothek (800000 Bücher, davon knapp 60000 auf deutsch) angewiesen.
Der Kindle kann nur die eigenen „mobi“ Daten lesen, Die Konkurrenz von Sony der Oyo oder der Kobo stützen sich auf ein anderes Dateiformat, der Kunde kann sich seine Bücher aus unterschiedlichen E-Book-Stores zusammenstellen. Die Kunden sollten sich die Geräte selbst anschauen, sie in den Hand nehmen und dann entscheiden, empfehlen die Tester von Teltarif: „Sehe ich das lesen als Zusatzfunktion an oder möchte ich eine mobile Bibliothek“. Oder soll es am Ende doch lieber das gute Buch sein? Die AZ wägt Vor- und Nachteile im subjektiven Test ab.
Der Akku ist der Kopf
Das gute alte Buch ist sinnlich, fast unkaputtbar – und Schattenspender.
Smartphone? Na, klar. Mitglied bei Facebook? Sowieso. Notebook? Seit Jahren. Arbeit am Computer? Acht Stunden am Tag. E-Book? Kommt mir nicht ins Regal. Warum mich iPad, Kindle & Co. kalt lassen und ich zum Lesen ausschließlich nach dem guten alten Buch greife:
Handhabung: Es ist wie bei den Frauen: Lieber eine aus Fleisch und Blut zum Anfassen – als eine virtuelle: Für mich ist Lesen auch ein haptisches Vergnügen. Den Karton, das Papier, den Lederrücken zu spüren, das gehört zum Lesegenuss dazu.
Robustheit: Ein Buch ist im Normalfall unkaputtbar. Bücher überdauern – Papier ist geduldig – Rotweinflecken, Eselsohren und Randnotizen.
Ladezeit/Akkuleistung: Der Akku ist im Kopf eingebaut und – fast – unerschöpflich. Und wenn ich doch einmal müde werde: Es ist ein Genuss mit dem Buch in der Hand sanft in den Schlaf zu gleiten.
Einrichtungswert: So hoch, dass sich manche sogar ihre Regale mit Bücherattrappen füllen – auch den Kindle- und iPad-Nutzern zu empfehlen.
Coolness: Hängt ausschließlich vom Titel/Autor ab.
Strandtauglichkeit: Hoch – weil ein Buch sogar als Schattenspender fürs Gesicht dienen kann. mh.
8000 Seiten im Monat
Der Kindle von Amazon ist der Urvater der E-Books. Einfach und gut lesbar.
Kleiner als eine DVD in der Schachtel, schmaler als ein Taschenbuch, und Platz für eine ganze Bibliothek. Der Amazon „Kindle“ für 99 Euro ist der Standard bei den E-Books und, Überraschung für den Anfänger, eine echte Alternative zum Papier.
Handhabung: Ausgepackt, ans WIFI-Netz eingeloggt, mit der gewöhnungsbedürftigen Tastatur gefummelt, und in zwei Sekunden ist der neue Schirach für 12,99 hochgeladen – und lesbar. 170 Gramm wiegt das Teil, kaum mehr als ein Smartphone.
Robustheit: Nichts für Kinderhände, aber die kantenlose Verarbeitung macht einen soliden Eindruck.
Akkuleistung: Einen Monat Laufzeit verspricht der Hersteller, das sind 7000 bis 8000 Seiten, geladen wird über USB-Anschluss und Computer.
Einrichtungswert:
Wen Bücherregale an weiß gestylten Wohnzimmerwänden stören, der führt seine Bibliothek in der Jackentasche mit.
Coolness. „Kafka und Johann Wolfgang von Goethe gibt’s umsonst“. Will man mit dem mattgrauen Ding angeben, darf man das sagen. (Man muss sie ja nicht lesen) 800000 Bücher gibt’s bei Amazon, 52979 auf Deutsch. Viele ohne Rechte sind kostenfrei.
Strandtauglichkeit. Die e-Ink-Darstellung flimmert nicht, braucht aber Licht. Nur übers Gesicht legen geht nicht - zu klein. mm.
Bibliothek hinter Glas
Es ist cool, es ist teuer und es passen Tausende Bücher rein – das iPad von Apple.
Fesch und glänzend kommt es daher – das iPad. Natürlich kann man mit dem neuen Tablet-Rechner von Apple (ab 479 Euro) viel mehr als nur Bücher lesen – aber auch dafür eignet er sich hervorragend. Und in der kleinsten Version passen weit mehr als 1000 Bücher drauf.
Handhabung: Die Wisch- und Streichel-Mechanik von Apple ist kinderleicht. Das Gerät braucht nur einen Knopf – der Rest geht über den berührungsempfindlichen Bildschirm.
Robustheit: Eine große Glasscheibe als Display – fällt das Gerät runter, bilden sich Risse. Also Vorsicht! Völlig kratzfest ist das Display nicht.
Akkuleistung: Bis zu zehn Stunden im Betrieb verspricht Apple, in der Praxis hält die Batterie oft länger. Bei gelegentlichem Gebrauch sogar mehr als eine Woche.
Einrichtungswert: Macht sich gut auf hellen Holztischen und ersetzt Tausende Quadratmeter Eichenschrankwand. Wer Regale mag: Das Apple-Buchgeschäft iBooks simuliert beim Aufruf auf dem Bildschirm ein Wandregal.
Coolness: Gebürstetes Aluminium, Apple – cooler geht’s nicht!
Strandtauglichkeit: Praktisch ja – aber ein 500–Euro-Gerät unterm Handtuch zu verstecken, macht das Badevergnügen zunichte. Außerdem spiegelt der Bildschirm bei Sonneneinstrahlung zu stark. Ab in den Hoteltresor damit! tha.
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