Leibgerichte zum Anziehen

Mode, die schmeckt: Kleider aus Fischhäuten und Nudelteig - ist das auf- oder erregend? Warum der Salzburger Star-Koch Roland Trettl aus Nahrungsmitteln eine Kollektion kreiert
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Frisch frisiert: Model mit Frisée-Schopf und Chilischoten als Garnierung.
collection rolf heyne Frisch frisiert: Model mit Frisée-Schopf und Chilischoten als Garnierung.

Mode, die schmeckt: Kleider aus Fischhäuten und Nudelteig - ist das auf- oder erregend? Warum der Salzburger Star-Koch Roland Trettl aus Nahrungsmitteln eine Kollektion kreiert

Er gilt als Ausnahmetalent und Paradiesvogel unter den Meisterköchen: Roland Trettl (37). Seit fünf Jahren dirigiert der frühere Witzigmann-Schüler die Küche im Salzburger Gourmet-Restaurant „Ikarus“. Jetzt hat er mit dem Fotografen Helge Kirchberger das Buch „Fashion Food“ herausgebracht. Ein opulenter Bildband, in dem er aus Fisch, Fleisch, Gemüse und Süßigkeiten Kleidung designt und die Rezepte dazu liefert.

AZ: Schwarze Nudeln, Fischhäute und Liebesperlen als Glamour-Roben – Herr Trettl, warum machen Sie aus Lebensmitteln Mode?

ROLAND TRETTL: Kochen ist die vergänglichste Kunst überhaupt. Sobald die Gabel ins Essen reinsticht, ist das Kunstwerk dahin und das Essen ruckzuck aufgegessen. Das kann für einen Koch ganz schön frustrierend sein. Ich wollte jetzt mal nicht nur am Herd kreativ sein. Sondern etwas erschaffen, was bleibt.

Sie haben Models mit netzartigem Schweinefett oder flüssiger Schokolade umhüllt – was hat Sie dazu inspiriert?

Ich habe in vielen Modezeitschriften geblättert, Schaufenster, Stoffe und Kleider mal ganz anders angeschaut. Ich überlegte, an welche Lebensmittel mich Oberflächen und Muster erinnern. Wenn ich einen schönen, gestickten Umhang sehe, denke ich an Schweinehaut, bei Samt oder Fransen an Wildreis, bei schwarzer Seide an sepiagefärbte Lasagnenudelblätter.

"Kein Model hat sich geekelt"

Auch ein Profimodel umwickelt sich nicht alle Tage mit Fischflossen und Schweinemagen. Wie haben die Mädchen reagiert?

Super, gottseidank. Anfangs wussten sie natürlich nicht genau, was sie erwartet. Ich wusste es ja selber nicht. Ich sagte dann einfach: Lang mal die Magenhaut an, riech mal dran, die riecht gar nicht. Danach waren die Berührungsängste weg und keine hat sich mehr geekelt.

Was wurde eigentlich aus dem Riesenoktopus nach dem Shooting?

Den hat die Crew verspeist. Der hatte fast sechs Kilo und über einen Meter lange Arme. Ein Ragout für 20 Leute.

Sie haben aber vermutlich kiloweise Nudeln, Reis, Öl und Gemüse in den Müll geworfen. Da sind Proteste programmiert, oder?

Weil man mit Essen nicht spielt? Das stimmt. Ich habe großen Respekt vor dem Produkt Lebensmittel. Und ich war in keiner Weise verschwenderisch. Viele verwendete Teile waren Küchenabfälle – wie die Steinbuttflossen auf dem Kopf, die Lachshaut, um den Modelkörper silbrig erscheinen zu lassen, oder das Schweinenetz als Umhang.

Die Kresse auf der Stirn welkte

Teig wird nach einer Zeit bröselig, Salat welkt und Reiskörner kleben auch nicht ewig auf Körpern, oder? Wie viele Pannen gab es?

Wir hatten diverse, klar, das war ein Wettlauf mit der Zeit. Beim Titelbild mit Model Katja, das unter der Salatfrisur ein schwarzes Halstuch mit Fransen aus Spaghettinudeln trägt, sind immer wieder die Nudeln ausgetrocknet und weggebrochen. Die Kresse auf der Stirn welkte und dann fielen Salatblätter aus der Frisur – das war Stress. In einer anderen Variante trägt sie einen weißen Hosenanzug aus Schweinefett, das wir ihr auf den Körper gepinselt haben. Das Fett wurde aber warm, schmolz, wurde durchsichtig und lief weg.

Und das alles, während sie nebenbei noch Teig rollten und Kaviar-Colliers fädelten ...

Oh ja. Der Fotograf, der ruhige Horst, wollte an jedem Bild gern immer noch weiter machen, aber nach einer Viertelstunde hab ich mich immer als impulsiver Hektiker ins Set gestellt und gesagt, Schluss, jetzt ist aus. Das Produkt verändert sich, das taugt nicht mehr.

Irene Kleber

Fashion Food“ – frisch auf dem Markt (176 S., 144 Fotos, 30 Rezepte, Collection Rolf Heyne. Vorwort von Vivienne Westwood).

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