Lawinenunglück in Italien: Retter hoffen weiter auf Überlebende

Nach dem schweren Lawinenunglück in den Abruzzen versuchen Retter weiterhin, Handysignale zu orten und Überlebende zu retten. Derzeit sind noch 23 Menschen vermisst.
von  dpa
Nach dem Lawinenunglück in Italien werden noch 23 Menschen vermisst.
Nach dem Lawinenunglück in Italien werden noch 23 Menschen vermisst. © dpa

Rom - Mit dem Mute der Verzweiflung suchen die Retter am verschütteten italienischen Berghotel Rigopiano nach weiteren Überlebenden. 23 Menschen werden noch vermisst.

Die Einsatzkräfte in den Abruzzen hätten die ganze Nacht über durchgearbeitet, um die noch verschütteten Menschen zu finden, sagte die oberste Krisenmanagerin des nationalen Zivilschutzes, Immacolata Postiglione, am Sonntag. Bis Samstagabend wurden neun Menschen lebend aus Trümmern und Schnee gezogen. Fünf Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Zwei überlebten, weil sie zum Zeitpunkt des Unglücks nicht im Hotel waren.

Spezialisten versuchen Handysignale zu orten

Im Wettlauf gegen die Zeit versuchen die Spezialisten, Handy-Signale unter Schnee und Geröll zu orten und Vermisste so zu lokalisieren. Postiglione beschrieb dieses Vorgehen als "chirurgischen Eingriff", der ein weiteres Einstürzen des fast völlig zerstörten Gebäudes verhindern solle.

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Papst Franziskus sandte eine Dankesbotschaft an die Einsatzkräfte: "Ich möchte all jenen Mut machen, die sich mit so viel Großzügigkeit an den Rettungsarbeiten beteiligen", sagte das Kirchenoberhaupt nach dem Angelus-Gebet vor 20 000 Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. "Danke für Eure Nähe, für Eure Arbeit, für Eure konkrete Hilfe. Grazie."

Überlebende harrten über 40 Stunden aus

Die Lawine hatte am Mittwoch das auf 1200 Metern Höhe am Fuße des Gran-Sasso-Massivs gelegene Vier-Sterne-Hotel nach einer Erdbebenserie verschüttet und große Teile mitgerissen. Trümmer und Möbel wurden in bis zu 400 Metern Entfernung vom Hotel gefunden.

Am Freitagvormittag waren dann die ersten Überlebenden entdeckt worden. Sie hatten mehr als 40 Stunden in dem zerstörten Gebäude unter Schneemassen ausgeharrt. Italienische Medien zitierten die Mutter eines geretteten sechsjährigen Mädchens mit den Worten: "Wir haben es schon nicht mehr geglaubt, wir hatten keine Hoffnung mehr." Der erste Satz der sechsjährigen Ludovica nach der Rettung sei gewesen: "Ich möchte meine Kekse haben."

"Es war wie eine Bombe"

Die tödliche Lawine war nach den Worten von Alpenexperte Valerio Segor zwar nur mittelgroße - sie habe aber eine solche Wucht gehabt, dass nicht einmal Stahlbeton ihr hätte standhalten können. Die Lawine hatte demnach eine Masse von 50 000 Tonnen, sei 500 Meter breit und bis zu 100 Stundenkilometer schnell gewesen, sagte er laut Nachrichtenagentur Ansa.

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"Es war wie eine Bombe", sagte Hotelgast Vincenzo Forti, der wie seine Freundin gerettet wurde. Experten der Forstpolizei verglichen die Wucht der Lawine mit der von 4000 Lkw. Gemeinsam mit zwei weiteren sei er auf etwa einem Quadratmeter Platz eingeschlossen gewesen.

"Wir haben uns umarmt und von Schnee ernährt. In der Nähe hörten wir die Stimmen eines Mannes und mehrerer Kinder,aber wir konnten nicht mit ihnen Kommunizieren", erzählte Forti. "Wir hatten riesige Angst und haben gebetet."

Auch andernorts in Mittelitalien ist die Not groß: Wegen des vielen Schnees sind Tausende Haushalte seit Tagen ohne Strom, einige Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Die Menschen in den Abruzzen werden zudem seit August immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht - am Mittwoch trafen vier Erdstöße der Stärke über 5 die Region. Experten rechnen mit weiteren Beben.

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