Lage in der Ukraine: Ein Fotograf an der Front

Till Mayer aus Bamberg dokumentiert "vergessene" Kriege. Seit vielen Jahren bereist er die Ukraine. Nun zeigt er seine Bilder - sie bringen die Not der Menschen in dem zerrissenen Land zum Ausdruck.
von  Natascha Probst
Sommer 2018: Von der Mine in Butovka (nahe Awdijiwka) sind nur noch Ruinen übrig.
Sommer 2018: Von der Mine in Butovka (nahe Awdijiwka) sind nur noch Ruinen übrig. © Till Mayer

Ein nahezu zynischer Zufall ist es, dass das Sujet des Kriegsreporters und -fotografen Till Mayer plötzlich so präsent ist: Er widmet sich seit Jahren "vergessenen Kriegen" - doch genau jetzt, wo seine Ausstellung zum Ukraine-Konflikt in Bayern zu sehen ist (siehe Hinweis unten), ist der wieder in aller Munde.

Aus einer Befürchtung wurde Realität

Der AZ sagte Mayer: "Die Folgen des Kriegs im Donbas dokumentiere ich seit fünf Jahren als Langzeitprojekt, weil ich es schon 2017 sehr gefährlich fand, dass Mitten in Europa ein Stellungskrieg köchelt, über den niemand spricht. Es war, als sei er nicht existent. Ich hatte immer die Befürchtung, dass eines Tages das passiert, was jetzt eben geschieht."

Seine Bilder sind alle in Schwarz-Weiß gehalten. Das schaffe eine gewisse Zeitlosigkeit. Farbe lenke manchmal vom Wesentlichen ab, sagt er.

Schwarz-Weiß-Bilder sollen Zeitlosigkeit schaffen

Ein Foto, das ihm besonders in Erinnerung ist, ist das von Vadym. Mayer erzählt: "Ich war in Shyrokyne, einem ehemaligen Badeort. Heute ist der Ort schwer zerstört, die Zivilisten sind geflohen. Der Schützengraben zieht sich mitten durch die Ruinen. Dort traf ich Vadym, einen Soldaten, der 2011 in diesem Badeort mit seiner Familie noch Urlaub gemacht hatte. Er war dann mein Guide und erzählte mir vom Urlaub in Friedenstagen: ‚Dort drüben ist man früher zum Fischessen gegangen, da war unsere Pension. Da, am Strand, sind meine Kinder mit einem Bananenschlauchboot aufs Meer hinausgefahren.'

2011 hätte er sich nie vorstellen können, dass aus dem Badeort ein Trümmermeer wird. Bevor der Artikel über ihn erschienen ist, kam er an der Front ums Leben. Ein Bild, das ich von ihm geschossen habe, ist jetzt überlebensgroß auf seinem Granitgrabstein eingraviert. Mitten in Ruinen sitzt er da. Krieg ist etwas abgrundtief Böses."

Zu sehen sind die Donbas-Bilder bis 26. Juni im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt und im Bildband "Donbas - Europas vergessener Krieg", Erich-Weiß-Verlag (18 Euro).

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.