Krisenstab: Vermisste "wahrscheinlich" an Bord
Giglio - Wie Gabrielli bei einer Pressekonferenz auf der italienischen Insel mitteilte, wird die Suche daher fortgesetzt. Zugleich rücke die drohende Umweltkatastrophe in den Fokus. Daher soll bis Sonntagabend entschieden werden, wie der Treibstoff - darunter ein Großteil Schweröl - abgepumpt werden könne.
Bis dahin dürfe die niederländische Spezialfirma Smit mit diesen Arbeiten nicht beginnen. Er wolle "den größtmöglichen Einsatz" bringen, um den Inselbewohnern eine Tragödie zu ersparen, betonte Gabrielli.
Nach einem Tag Zwangspause waren zuvor wieder Taucher ins Wrack der "Costa Concordia" gestiegen. Die Spezialkräfte der italienischen Marine wollten sich vor allem auf Deck fünf des havarierten Kreuzfahrtschiffes konzentrieren, in dem noch verschollene Menschen vermutet werden.
Gezielte Sprengungen sollten neue Zugänge zu diesem Deck schaffen. Mindestens zwei Explosionen waren am Morgen im Hafen der Mittelmeerinsel Giglio zu hören, an dessen Küste das Schiff seit mehr als einer Woche auf Grund liegt. Insgesamt werden noch mehr als 20 Menschen vermisst.
Spezialkräften der Feuerwehr durchsuchten in der Nacht den Teil der 290 Meter langen "Concordia", der über Wasser liegt - in erster Linie Deck vier. Der Luxusliner habe sich dabei "Gott sei Dank" nicht bewegt, bestätigte ein Sprecher der Rettungsmannschaften, Luca Cari. Fast den ganzen Freitag hindurch hatten die Arbeiten im Inneren des Schiffs geruht, weil leichte Bewegungen des gekenterten Ozeanriesen registriert worden waren.
Die italienische Regierung hatte am Freitagabend für die Gegend um den Unglücksort den Notstand beschlossen. Damit sollen schnelle Hilfe und zusätzliches Geld zur Bewältigung der Krise ermöglicht werden.
Die Befürchtung des Krisenstabs, ein herannahender Sturm könnte die Lage des Schiffes und die Rettungsmaßnahmen gefährden, blieb bis Samstagmittag unbegründet. Trotz negativer Wettervorhersagen blieb das Meer ruhig und es wehte nur ein schwacher Wind. Hoher Seegang könnte das Kreuzfahrtschiff destabilisieren und weiter sinken lassen. Zur Sicherheit der Rettungskräfte wird die Situation daher fortlaufend neu bewertet. Überlegt wird, die "Concordia" mit Seilen am Felsen zu befestigen.
Unterdessen sind Aussagen des unter Hausarrest stehenden Kapitäns Francesco Schettino bekannt geworden, die ihn entlasten könnten. Nach übereinstimmenden Medienberichten vom Samstag sagte Schettino bei einer Anhörung vor Gericht, er habe unmittelbar nach der Kollision mit einem Felsen beim Kreuzfahrt-Unternehmen angerufen und sowohl ein Schlepperboot als auch Hubschrauber zur Rettung gefordert.
"Mir ist ein Malheur passiert", soll Schettino in dem Telefonat gesagt haben. Die Reederei wies die Darstellung zurück. "Er hat uns belogen und auch die Besatzung des Schiffes", betonte der Chef von Reederei "Costa Crociere", Pierluigi Foschi.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will angesichts des Unglücks neue Regeln für die Sicherheit großer Kreuzfahrtschiffe durchsetzen. Deutschland wolle die Evakuierungsrichtlinie der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) an die Größenentwicklung der Schiffe anpassen, teilte Ramsauers Ministerium der Nachrichtenagentur dpa mit. Beim Weltverkehrsforum Anfang Mai in Leipzig werde Ramsauer dafür erneut werben.
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