Krieg im Schrebergarten: Lebenslang für Dreifachmord
Hildesheim - Er wollte sich auf Notwehr rausreden - doch das Gericht glaubte ihm nicht: Weil er drei Nachbarn mit dem Holzknüppel erschlug, wird ein 66-Jähriger den Rest seines Lebens im Knast verbringen
Wegen Mordes an seinen drei Gartennachbarn in Gifhorn hat das Landgericht Hildesheim den 66-jährigen Wilfried R. zur Höchststrafe verurteilt. Die Strafkammer verhängte lebenslange Haft und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Dies schließt eine Freilassung des Rentners bereits nach 15 Jahren Haft aus.
Der Angeklagte hatte zugegeben, am 22. September 2008 nach jahrelangem Streit einen 33-jährigen Nachbarn und dessen Eltern mit einem Holzknüppel erschlagen zu haben. Er will dies aus Notwehr getan haben. Er fügte ihnen mit etwa 20 Schlägen tödliche Kopfverletzungen zu.
Das Gericht folgte dagegen im wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Wolfgang Scholz hatte gesagt, das Verbrechen trage „Züge von Selbst- und Lynchjustiz für Vergehen nichtigster Art“. Der Rentner hatte der 59-jährigen Frau, ihrem 64-jährigen Ehemann und dem 33-jährigen Sohn vorgeworfen, Gartenabfälle auf sein Grundstück geworfen zu haben.
Die Verteidiger hatten auf Totschlag plädiert und keinen konkreten Strafantrag gestellt. Sie sehen eine verminderte Schuldfähigkeit des Täters, weil er in einer Affekt-Situation gewesen sei und eine krankhafte Persönlichkeitsstörung habe.
"Moralisch auf tiefster Stufe"
Er habe „brutal drei Menschen getötet“, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Pohl in der Urteilsbegründung. „Er hat nicht die geringste Unrechtseinsicht gezeigt“. Das Motiv, die Missachtung von Gartenregeln zu ahnden, stehe „moralisch auf tiefster Stufe“.
Das Gartengelände, das größtenteils seiner Familie gehört, habe Wilfried R. als sein Herrschaftsgebiet betrachtet. Er sei „herrisch“, „aufbrausend“, „cholerisch“ und „ausgesprochen selbstherrlich“. Es sei in seinem Garten prinzipiell nicht bereit gewesen, „abweichende Verhaltensweisen zu dulden“, habe sich als „Kontrolleur der anderen Gartenbesitzer und der Besucher“ verstanden und sich mit vielen angelegt.
Der Nachbarschaftsstreit zog sich über acht Jahre und eskalierte im gegenseitigen Anzünden von Lauben. Wilfried R. nahm Anstoß an der Kaninchenzucht seiner Nachbarn und vor allem an der Nutzung eines Zugangwegs. Diesen blockiert er mit einem selbst gebauten Tor, später mit einem Stein und mit ausgelegtem Reisig. „Daraus hat sich ein munteres gegenseitiges Werfen von Reisig in die Gärten entwickelt“, sagte der Richter.
Er schlug mit einem Eichenknüppel auf sie ein
Schon ein Jahr vor den Morden sagte R. zu seinem Sohn über die Nachbarsfamilie: „Irgendwann vergesse ich mich und schlage sie alle tot.“ Als wieder Reisig vor seinem Gartentor aufgeschichtet lag, wollte er die Nachbarn bestrafen; tatsächlich hatten andere die Zweige dorthin gelegt. Der 66-Jährige versteckte sich mit einem 80 Zentimeter langen und 5 Zentimeter starken Eichenknüppel im Gebüsch und lauerte den Nachbarn auf. Zuerst schlug er den 33-Jährigen nieder, kurz danach auch dessen Eltern, die nach Hilfeschreien herbeigeeilt waren.
Die Aussage des Angeklagten, er sei von den Nachbarn bedrängt und angegriffen worden und habe sich in Notwehr verteidigt, wies die Strafkammer als Schutzbehauptung zurück. Sie passe nicht zu den Spuren am Tatort und zur Schilderung einer Ohrenzeugin. Zudem habe der Rentner selbst keinerlei Verletzungen erlitten. Der Mörder ist nach dem Urteil voll schuldfähig, auch wenn er eine „zwanghaft akzentuierte Persönlichkeit“ hat.
Das Gericht wertete die Tötung des Nachbarssohnes als heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen. Die Tötung der Eltern sah es rechtlich als einen Mord mit zwei Opfern an. Die Verteidigung kündigte Revision gegen das Urteil an.