Kreativ kochen für die Schwammerl-Schlemmerei

Pizza Funghi und Semmelknödel mit Pilzen in Rahmsoße kennt jeder. Doch es gibt Kreativeres, das Fans von Kräuterseitling oder Reizker auf den Teller bringen können. Eine Expertin gibt Tipps.  
von  AZ/rus
An Champignons können sich Anfänger in Sachen Pilzküche bedenkenlos rantrauen, sagt Wildpflanzen-Expertin Waltraud Witteler.
An Champignons können sich Anfänger in Sachen Pilzküche bedenkenlos rantrauen, sagt Wildpflanzen-Expertin Waltraud Witteler. © imago images/Westend61

München - In Wald und Wiesen sprießen zur Zeit die Schwammerl. Glücklich, wer ein paar schöne findet – und schmackhaft zubereiten kann. Doch oftmals gibt es Vorbehalte gegen die Waldbewohner mit Hut.

Die AZ hat die Weidener Wildpflanzen-Expertin Waltraud Witteler (sie gibt Kochseminare und hat mehrere Bücher zum Thema verfasst) mit fünf Behauptungen und Bedenken rund um Pilze konfrontiert – und sie hat sie entkräftet.

Angst vor falschen, giftigen Pilzen? So sichern Sie sich ab

Waltraud Witteler erklärt: Die allerwichtigste Regel ist, wenn man die Pilze selbst sammelt, nur das zu nehmen, was man wirklich zu 100 Prozent sicher kennt. "Viele kleinste Details machen oft nur den Unterschied zwischen einem essbaren und einem ungenießbaren oder giftigen Doppelgänger aus", weiß sie.

Außerdem empfiehlt die Expertin, immer wieder mal in eine neue Ausgabe des verwendeten Pilzbestimmungsbuchs zu investieren, "da sich oftmals durch die Wissenschaft neue Erkenntnisse ergeben und Pilze auch einmal, mutieren können".

"Wenn Sie Marktpilze kaufen, so ist eine Verwechslungsgefahr weitestgehend ausgeschlossen", sagt Witteler, in deren Buch sich auch viele Rezepte mit Pilzen finden, die man kaufen kann.

Waltraud Witteler.
Waltraud Witteler. © privat

Welche Pilze sind eher unerfahrenen Köchen zu empfehlen? 

Der Champignon ist sicher für Kochanfänger am geeignetsten. Er passt sich auch als Begleiter vielen anderen Zutaten an und man kann ihn kochen und braten und – was eine große Ausnahme bei Pilzen ist – auch roh essen. 

Wer Pfifferlinge gut zubereiten kann, der hat bereits die höheren Stufen der Pilzküche erreicht und kann sich getrost auch an andere Pilze wagen.

Glitschige Pilze: Ist das ein schlechtes Zeichen?

Glitschig sollten Pilze nicht sein, sonst sind sie meist zu nass. Manche Pilze haben eine sehr glitschige Huthaut, wie etwa der Goldröhrling, der Butterpilz und das Kuhmaul. Hier zieht man die Huthaut vor dem Verwenden ab. Manche Pilze werden im Glas oder in der Dose leicht schleimig durch die Art der Konservierung. Durch Braten geht das aber meist verloren.

Die Art der Pilzzubereitung als Pilzbrühe mit Sauerrahm oder Ähnlichem lässt oftmals auch die Pilze, besonders wenn sie schon ein dickes Futter besitzen, schleimig-schneckig werden. "Wer es mag kann es gerne so machen, in der modernen Pilzküche, finde ich, ist das nicht so angebracht", sagt Witteler.

Wie gesund sind Pilze eigentlich?

"Gerade in einer Zeit, in der die vegetarische und vegane Art sich zu ernähren immer mehr Gewicht bekommt, sind Pilze vom Speiseplan gar nicht wegzudenken. Sie sind eiweißreich und enthalten Vitamine und Spurenelemente – unterschiedlich je nach Art", wirbt Witteler für mehr Schwammerl auf dem Teller.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin stellen Pilze zudem einen großen Teil der Heilmittel dar, "was bei uns wohl in Zeiten des Mittelalters gegolten hat. So soll zum Beispiel der Hallimasch seinen Namen erhalten haben: Als 'Heil im Arsch' wurde er bei Hämorrhoidenleiden eingesetzt, was sich durch seinen Gehalt an Gerbstoffen auch nachvollziehen lässt", sagt Witteler.

Mythos: Darf man Pilze wirklich nicht aufwärmen?

Vielleicht steht die Herkunft des Gerüchts im Zusammenhang mit Zwiebeln, mutmaßt Witteler, "denn ein mehrmaliges Aufwärmen von zwiebelhaltigen Gerichten kann zu erheblichen Verdauungsproblemen führen. Da Pilze häufig zusammen mit Zwiebeln zubereitet werden, könnte ein Grund darin liegen."

Bleiben Reste vom Pilzgericht übrig, sollte man sie rasch und gut abkühlen. Dann dürfen sie problemlos am nächsten Tag nochmal erhitzt werden, rät der Bund Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer.

Wer Lust auf Pilzrezepte abseits der in Bayern allseits und altbekannten Rahmschwammerl hat, findet in Wittelers Buch "Waltrauds Waldgeflüster" (176 Seiten; 19,90 Euro; erschienen im Buch- und Kunstverlag Oberpfalz) appetitanregende Inspiration und hilfreiche Tipps zu Wald-, aber auch zu Markt- und Zuchtpilzen für all jene, die sich nicht erst selbst mit Messer und Körbchen auf die Suche machen möchten.

Drei davon stellt die AZ hier vor...

Krautwickerl mit Pfifferlingfüllung

Krautwickerl mit Pfifferlingfüllung.
Krautwickerl mit Pfifferlingfüllung. © Maria Flor

Ein Marktpilz-Gericht, das sich laut Waltraud Witteler sehr gut auch für Fleischliebhaber eignet – man muss den Gästen ja nicht gleich verraten, woraus die Füllung besteht.

Zutaten: 1 Spitzkohl, 500 g Pfifferlinge, 1 etwas größere Zwiebel, 150 g kräftiger Bergkäse, 3 - 4 gehäufte Esslöffel Semmelbrösel, Butterschmalz, Salz, Pfeffer, gemahlener Kümmel.

Zubereitung

  1. Die äußeren Blätter vom Spitzkohl ablösen und drei Minuten in kochendem Wasser blanchieren, herausnehmen, abtropfen lassen.
     
  2. Die Pfifferlinge putzen und klein schneiden, die Zwiebel klein würfeln und beides in einer Pfanne bei mittlerer Hitze in 1 EL Öl oder Schmalz anbraten. Das Innere des Spitzkrauts (oder einen Teil davon) klein schneiden und mitbraten. Obacht: Nur wenig salzen, da noch Käse dazu kommt. Mit Pfeffer und gemahlenem Kümmel würzen.
     
  3. Von den Krautblättern die dicke Mittelrippe heraustrennen – sie kann auch geschnitten in der Füllung landen. Die Blätter ausbreiten. Die Füllung von der Hitze nehmen, mit Semmelbrösel etwas fester machen und den Bergkäse dazu hobeln. Gut vermischen und auf die Blätter verteilen.
     
  4. Die gefüllten Kohlblätter zu kleinen Päckchen wickeln und in eine mit Schmalz gefettete, feuerfeste Form geben. Den Ofen auf 160 Grad vorheizen, die Kohlrouladen mit Butterschmalz bepinseln und zehn bis 15 Minuten garen.

Reizker als Vorspeise

Reizker als Vorspeise.
Reizker als Vorspeise. © Maria Flor

Als sehr würzig und doch mild beschreibt Witteler den Geschmack dieses Waldpilzes, der mancherorts auch Herrenpilz genannt wird.

Zutaten: Pro Person vier bis fünf Reizker, genauso viele Schalotten, ein paar Zweige frischer Thymian, ein kleiner Zweig Rosmarin, Olivenöl, Meersalz.

Zubereitung

  1. Die Reizker erst direkt vor der Zubereitung putzen und anschneiden, damit nicht zu viel von der orangeroten Milch austritt. Schalotten würfeln.
     
  2. In einer Pfanne Olivenöl mild erhitzen, die Kräuter zugeben und die Pilze auf jeder Seite drei, vier Minuten anbraten. Schalottenwürferl dazu, glasig werden lassen und alles mit Salz bestreuen.

Kräuterseitlinge mit Zucchini und Kräutern

Kräuterseitlinge mit Zucchini und Kräutern.
Kräuterseitlinge mit Zucchini und Kräutern. © Maria Flor

Wildwachsend findet man den im Geschmack an Steinpilze erinnernden Kräuterseitling nur in Südeuropa, doch im Handel ist er fast ganzjährig zu haben. Bei diesem Gericht werden seine langen Stiele verwendet.

Zutaten: 500 g Kräuterseitlinge, davon die Stiele, 4 gelbe Zucchini, 60 g Butter, 2 gewürfelte Knoblauchzehen, eine halbe Vanilleschote, 4 bis 5 Petersilienstiele, 2 Zweige Bohnenkraut, 3 Zweige Estragon, Szechuan-Pfeffer (er ist auch als Anispfeffer oder Japanischer Pfeffer bekannt), Salz

Zubereitung

  1. Die Pilzstiele in vier Millimeter dicke, runde Scheiben schneiden und in einer beschichteten Pfanne ohne Fett heiß anbraten, bis sie beginnen zu weinen. Das heißt, bis Wassertropfen auszutreten beginnen. Dann die Temperatur zurücknehmen und 20 g Butter sowie den klein geschnittenen Knoblauch zugeben und zwei Minuten unter mehrmaligem Wenden fertig garen.
     
  2. Die Zucchini in etwa sieben Millimeter dicke Scheiben schneiden, in einer Pfanne bei mittlerer Hitze 40 g Butter zergehen lassen, eine halbe, der Länge nach aufgeschnittene Vanilleschote beilegen und die Zucchini-Scheiben darin anbraten.
     
  3. Petersilie, Bohnenkraut und Estragon klein schneiden und gegen Ende des Garens mit zu den Zucchini geben. Mit Salz und dem Pfeffer würzen und mit den Pilzen vermengen. Besser auf Experten als auf Apps vertrauen Ein – zugegeben saudummer – Witz lautet: "Essen kann man jeden Pilz, aber manche halt nur einmal." Wer in den Wald auszieht, um mit Schwammerln für den Verzehr zurückzukehren, sollte sich gut auskennen, um nicht eine giftige Sorte zu erwischen.

Pilze: Hilfestellung per Handy-App?

Bei "Pilzator" etwa lässt sich ein Pilz automatisch bestimmen, indem man ihn fotografiert. Doch Obacht: Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) hat bereits zur vergangenen Saison Pilzsammler gewarnt, sich bei der Bestimmung von Speisepilzen blind auf solche Programme zu verlassen.

"Erkennungsprogramme erfordern wie Bücher ein gewisses Maß an Erfahrung bei der Pilzbestimmung", so die DGfM. Sie rät deshalb dazu, ausgebildete Pilzsachverständige zu Rate zu ziehen. Die Pilzberatung in München findet bis 12. Oktober statt in den Vereinsräumen des Vereins für Pilzkunde im KVR (Implerstraße 9; 4. OG). Jeden Montag von 10 bis 13 und von 16.30 bis 18 Uhr, sowie im Pasinger Rathaus (Landsberger Straße 486) montags von 8.30 bis 11.30 Uhr.

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