Kolumbianischer Geiselnehmer live im TV

Die Szene erinnert an das blutige Geiseldrama von Gladbeck, das vor 20 Jahren in Deutschland für Schlagzeilen sorgte: In der Bogotá wurde ein bewaffneter Kidnapper im Beisein seiner etwa 30 Opfer eine gute halbe Stunde live im Fernsehen interviewt.
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Das Geiseldrama weckt Erinnerungen an das Drama von Gladbeck, das vor 20 Jahren in Deutschland für Schlagzeilen sorgte. Das Bild zeigt die Geiselnehmer Dieter Degowski (l) und Hans-Jürgen Rösner. Vorne sitzen die später getötete Silke Bischoff und ihre Freundin Ines Voitele (r).
dpa Das Geiseldrama weckt Erinnerungen an das Drama von Gladbeck, das vor 20 Jahren in Deutschland für Schlagzeilen sorgte. Das Bild zeigt die Geiselnehmer Dieter Degowski (l) und Hans-Jürgen Rösner. Vorne sitzen die später getötete Silke Bischoff und ihre Freundin Ines Voitele (r).

BOGATA - Die Szene erinnert an das blutige Geiseldrama von Gladbeck, das vor 20 Jahren in Deutschland für Schlagzeilen sorgte: In der Bogotá wurde ein bewaffneter Kidnapper im Beisein seiner etwa 30 Opfer eine gute halbe Stunde live im Fernsehen interviewt.

In der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá wurde ein bewaffneter Kidnapper im Beisein seiner etwa 30 Opfer eine gute halbe Stunde live im Fernsehen interviewt. Dann griff die Polizei zu und überwältigte ihn. Das Verhalten des Fernsehsenders Citytv löste in dem südamerikanischen Land ähnlich wie 1988 in Deutschland eine heftige Debatte über die Grenzen der Berichterstattung aus.

Bei dem Täter handelt es sich um einen pensionierten Soldaten. Mehrere Stunden hatte er sich mit den Geiseln in einem Bürogebäude verschanzt und die baldige Bearbeitung seines Rentenantrages verlangt. Als er Journalisten in das Gebäude ließ und gerade eine der Geiseln eine vorbereitete Erklärung vor laufender Fernsehkamera verlesen ließ, griffen die Polizisten zu. Sie waren als Journalisten getarnt und konnten eine Explosion der Handgranate verhindern.

Der Geiselnehmer hatte zuvor behauptet, er habe mehr als 40 Jahre im Militär gedient, und nun werde ihm seit sieben Jahre seine Rente verweigert. Ranghohen Militärs warf er in dem Fernsehinterview Kontakte zu den ultrarechten Paramilitärs vor. Plötzlich jedoch setzte die Übertragung aus, weil eine Mitarbeiterin der Kommission für Fernsehüberwachung die Leitung mit der Begründung gekappt hatte, hier werde eine Straftat verherrlicht. Kurz darauf wurde die Leitung jedoch wieder freigeschaltet. Die Unterbrechung sei „ohne Absprache“ erfolgt, räumte die Direktorin der Kommission, María Carolina Hoyos Turbay, ein. Ein Disziplinarverfahren gegen die Mitarbeiterin sei eingeleitet. Medienvertreter kritisierten, es sei unerlaubte Zensur ausgeübt worden.

Bei dem Gladbecker Geiseldrama vor 20 Jahren hatten zwei vorbestrafte Gewaltverbrecher nach einem Banküberfall mehrere Menschen in ihre Gewalt gebracht und waren mit ihnen zwei Tage durch Deutschland und die Niederlande geflüchtet. Insgesamt drei Menschen starben. Das Drama sorgte insbesondere durch die Rolle der beteiligten Journalisten, die den Geiselnehmern Live-Interviews in Radio und Fernsehen gewährten, für eine Diskussion über die Verantwortung der Medien. (dpa)

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