Körper, die keiner haben kann
Wann und warum Diäten gefährlich sind, erklärt der Experte Andreas Schnebel im AZ-Interview
AZ: Herr Schnebel, brauchen wir einen Anti-Diät-Tag?
ANDREAS SCHNEBEL: Ich halte nicht viel von solchen Gedenktagen. Aber wenn der heutige ein paar Menschen dazu bringt, keine Diät zu machen, kann’s nicht schaden.
Sind Diäten schädlich?
Sie können die Einstiegsdrogen zu Essstörungen sein, sind also nicht ungefährlich. Und – sie nützen nichts. Man nimmt vorübergehend etwas ab, aber mehr passiert nicht. Kaum kaum jemand ändert daraufhin sein Ess- und Bewegungsverhalten.
Dicksein wird in unserer Gesellschaft negativ bewertet, Schlanksein gilt als schön.
Ein Trend, der leider schon bei den Kleinen im Kindergarten angekommen ist und dem immer mehr junge Männer verfallen. Das liegt auch an Vorabend-Soaps, Casting-Shows, an Prominenten wie Victoria Beckham und Schönheitschirurgen. Überall wird einem vorgegaukelt, dass man seine Problemzonen nicht akzeptieren muss. Aber ein breites Becken bleibt auch nach der x-ten Diät ein breites Becken.
In der Werbung...
...gerade in der Jeans-Werbung haben die Models Körper, die keiner haben kann. Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen mit normaler Figur gezeigt werden.
Was ist normal – gibt es ein Idealgewicht?
Das hängt vom Knochenbau ab, deshalb bringt auch der Body Mass Index nichts. Normal ist, wenn man sein Gewicht über einen langen Zeitraum mühelos hält, Sport treibt und sich vernünftig ernährt.
Darf’s auch mal mit Sahne sein?
Klar, Schoko, Kuchen, Eis – Naschen gehört dazu. Auch mal ein Hamburger. Aber nicht jeden Tag. Wichtig ist, dass man sich in seiner Haut wohlfühlt.
Auch wer gern „guad beianand“ ist, fühlt sich in der Öffentlichkeit oft ausgegrenzt.
Vielleicht trägt der Anti-Diät-Tag dazu bei, ein neues körperliches Selbstbewusstsein ins Gespräch zu bringen. Wer zu seinem subjektiven Wohlfühl-Gewicht steht, ist glücklich.
Gilt das auch für 160-Kilo-Pfundskerle?
Nein. Wer extrem übergewichtig ist, kaum die Treppe hochkommt, Kreislauf und Knochen gefährdet, braucht fachärztliche Beratung.
Interview: Renate Schramm
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