Kein runder Geburtstag
Der Silikonbusen wird 45: „Kittmasse der Liebe“ oder „Beziehungskiller“? Wie sich Stilikone Pamela Anderson fühlt und was ein Scheidungsanwalt sagt.
Gnadenlos walzt sie alles nieder, was sich ihr in den Weg stellt: eine monströse Killer-Brust (geschätzte Körbchengröße: Doppel-Z), die ihre Opfer zerquetscht oder in Muttermilch ertränkt. Nachdem bereits etliche Tote zu beklagen sind, gelingt es dem Forscher Victor, die Amok laufende Oberweite mit einem überdimensionierten Büstenhalter einzufangen. Die Gefahr ist gebannt; es bleibt die bange Frage, wo das Gegenstück lauert, weil Brüste ja meistens paarweise auftreten.
Szenen der verstörenden Art aus Woody Allens Film „Was sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ von 1973 – eine Satire halt. Heute wissen wir: Es kam schlimmer. Zwar gibt es keinen einzigen dokumentieren Fall eines durchdrehenden Vorbaus, doch sehr wohl Opfer: Frauen mit implodierten Brüsten zum Beispiel, Lecks und die bedauernswerte Miss Lolo Ferrari, deren bekanntes Bildnis wir heute aus ästhetischen Gründen zurückhalten, immer davon ausgehend, dass die AZ gern auch beim Frühstück konsumiert wird.
Es reicht ja schon, wenn von jeder Reklametafel gigantische Doppelpacks drohen, die kein geistig gesunder Mann ohne Mutter-Komplex mehr schön finden kann. Auslöser der mammalen Inflation: der Silikonbusen, der heuer 45 wird.
1963 war’s, als einer Frau in Amerika erstmals die Brust auf diese Weise vergrößert wurde. Zur Feier des Jahres gab jetzt eine der wichtigsten (über)lebenden S(t)il-Ikonen, Pamela Anderson, dem österreichischen Magazin „news“ ein Interview. Darin bezeichnet sich die Blondine, die in den 90ern mit ihrem künstlichen Meer-Busen in „Baywatch“ Menschenleben rettete, als „bescheidenes 34-D-Girl“.
In der Tat: 1999, gerade, als wir uns daran gewöhnt hatten, ließ sich „Pam Am“ ihre XXL-Implantate herausoperieren – und später als XL wieder einpflanzen. Problemlos. Inzwischen sind die Methoden sicherer geworden, die neue Generation der Silikonbusen übersteht Experten zufolge selbst Auffahrunfälle nahezu schadlos.
„Bigger is better“, jubeln die „news“-Macher, und blasen das Silikon zur „Kittmasse der Liebe“ auf. Das kann der Münchner Scheidungsanwalt Hermann Messmer so nicht unterschreiben: „Silikonbusen sind kein Rettungsring für die Ehe“, sagt er zur AZ. „Zwar gibt es Beziehungen, die dadurch belebt werden, doch oft löst ein neuer Busen Probleme aus, macht den Partner eifersüchtig. Motto: ,Ich hab’s bezahlt und andere erfreuen sich daran’.“
Nein, eine Feier verdiene diese Erfindung sicher nicht. Eher die Pille, die in zwei Jahren 50 wird. Dies sei wenigstens ein runder Geburtstag – ganz ohne OP.
Timo Lokoschat
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