Kein Fall für zwei
MÜNCHEN Warmherzig blickt mich der sympathische Mittdreißiger an. Sanfter Blick, verschmuster Dreitagebart. „Polizist Chance geben“ steht über der Facebook-Anzeige. „Treffen Sie treue Polizisten, die in Ihrer Gegend einen Partner suchen.“ Welche Single-Frau würde da nicht schwach?
Warnung vor Computerschädlingen. Klar will ich einen lieben Polizisten kennen lernen. Sind doch nette Kerle! Allerdings erreicht mich die Warnung eines Freundes: Das Polizeipräsidium Stuttgart finde die Facebook-Anzeige riskant, warne vor Viren und anderen Computerschädlingen.
Die Polizei ist nicht begeistert. Ich bin für einen Moment verunsichert, rufe in Stuttgart an. „Wir Polizisten würden nie auf diese Art auf Partnersuche gehen“, sagt Pressesprecher Thomas Ulmer. „Polizist Chance geben“ – abgesehen von der holprigen Grammatik wirke dieser Spruch schließlich, als seien die Ordnungshüter mit entlassenen Strafgefangenen gleichzusetzen, die dringend emotionaler Fürsorge bedürften. Nicht unbedingt die Persönlichkeitsbeschreibung, die sich die Polizei in der Öffentlichkeit wünscht.
Ich soll mich ganz schnell anmelden. Wenn aber nicht die Polizei selbst hinter den Anzeigen steht – wer dann? Eine kurze Suche im Internet führt mich zu „polizistchancegeben.info“. „Suchen Sie nach einem ECHTEN MANN?“, heißt es auf derWebsite. „Unser neues wissenschaftliches Matchmaking-System hat nur noch vier Plätze frei.“ Schnell weiter geklickt – wieder kommen Profilfotos ansehnlicher Burschen, diesmal aber ohne den Hinweis, sie seien Polizisten. Dafür die Warnung: „Neue Registrierungen für FRAUEN schließen in zwei Minuten.“ Ein Zähler auf der Website misst die Sekunden bis zum vermeintlichen Anmeldeschluss. „Melden Sie sich an, solange noch Plätze für weibliche Mitglieder frei sind.“
"Günstig"-Abo für 16,57 Euro im Monat. Viele Klicks weiter lande ich bei Elite Partner, einer Agentur, die viel Wert auf Seriosität und akademisches Niveau legt. Dort soll ich Auskunft über meine Lebensverhältnisse geben und ein Partnervermittlungs-Abo über ein Jahr abschließen – für „nur“ 16,57 Euro im Monat.
Anruf bei Elite Partner in Hamburg: Wo denn jetzt die hübschen Polizisten geblieben seien? Unternehmenssprecherin Sabrina Berndt weiß nichts von bindungswilligen Uniformierten und ist einigermaßen entsetzt. „Das müssen wir nachprüfen.“
Elite Partner beendet sofort die Zusammenarbeit. Wenige Minuten später der Anruf aus Hamburg. „Das war ein Vertriebs-Kooperationspartner, der eigenständig gehandelt hat. Wir distanzieren uns ausdrücklich davon und haben die Zusammenarbeit sofort beendet.“ Irgendwie schade. Wo sie doch so knuffig geguckt haben, die Polizisten. sun