Katatstrophale Lage in Haiti: Das Chaos nach dem Chaos
Eine Million Waisen, marodierende Banden, zu wenig Medikamente, zu wenig Lebensmittel – die Probleme in dem von einem verheerenden Erdbeben zerstörten Land scheinen zuzunehmen
PORT–AU–PRINCE Nach dem Erdbeben in Haiti am 12. Januar lief die Hilfe nur zögernd an – zu groß war das Chaos. Dann landeten die ersten Hilfstransporte, wurde begonnen, Nahrungsmittel zu verteilen, nahmen die ersten provisorischen Krankenhäuser die Arbeit auf. Doch jetzt zeigt sich, dass Behörden und Helfer längst noch nicht alles im Griff haben, dass manche Probleme sogar erst eskalieren. Ein Überblick:
Die Situation der Kinder Geschätzt eine Million sind Waisen – vor dem Beben waren es „nur“ 380000. Sie irren allein durch die zerstörten Straßen, sind verletzt, wurden Missbrauchsopfer. Auch viele Säuglinge haben keine Eltern mehr. Das Kinderhilfswerk Unicef der Vereinten Nationen beginnt jetzt damit, die Daten der minderjährigen Waisen zu erfassen. Sie können dann in extra eingerichteten Notquartieren unterkommen. Dort werden sie mit Essen und Trinken versorgt, auch ein provisorischer Schulunterricht soll angeboten werden.
Der Medikamentenmangel in den Kliniken Es sind zu viele Kranke und Verletzte, die behandelt werden müssen. Den provisorischen Krankenhäusern gehen die Medikamente aus, vor allem Antibiotika und Schmerzmittel. Auch chirurgische Hilfsmittel sind knapp.
Marodierende Banden Nach haitianischen Angaben sind rund 6000 Häftlinge aus zerstörten Gefängnissen entkommen. Unter ihnen sind Mörder, Vergewaltiger, Diebe und Drogenhändler. Sie ziehen in Banden marodierend durch die Straßen. Zahlreiche obdachlose Frauen und Mädchen sollen schon missbraucht worden sein.
Der Kampf ums tägliche Brot Noch treffen viel zu wenige Lebensmittel in Haiti ein, noch gibt es zu wenige Verteilstellen in Port-au-Prince. Die Folge: Immer häufiger kommt es zu regelrechten Schlachten um die Hilfsmittel. mh