Katastrophe in Ungarn - Auf Jahre hin verseucht
Eine Million Kubikmeter Giftbrühe über- schwemmt Orte und Felder. Die Aufräumarbeiten werden viele Monate dauern. Wenn der Schlamm Quecksilber enthält, wird’s noch viel schlimmer.
BUDAPEST Auch am Tag nach der Umweltkatastrophe in Ungarn ist das Ausmaß des Öko-Desasters noch nicht absehbar. Nach Angaben der Regierung wird das Aufräumen nach dem schweren Chemieunfall viele Monate, wenn nicht gar ein Jahr dauern.
Eine giftige Schlammlawine aus dem Depot einer Aluminiumhütte hatte sich über mehrere Ortschaften der Region im Westen Ungarns, rund 160 Kilometer von der Hauptstadt Budapest entfernt, ergossen.
Es handelte sich um rund eine Million Kubikmeter roter Brühe, die nun eine Fläche von rund 4000 Hektar (das ist fast so groß wie der Starnberger See) bedeckt. Vier Menschen starben, 120 wurden durch die ätzende Brühe, die auch Häuser zerstörte, verletzt. Über die Folgen sprach die AZ mit Herwig Schuster von Greenpeace Österreich.
AZ: Was wissen Sie über die Giftigkeit des roten Schlamms?
HERWIG SCHUSTER: Unsere Mitarbeiter haben kurz nach ihrem Eintreffen die ersten Proben genommen. Wir befürchten, dass die Flüssigkeit hochgiftiges Quecksilber enthält. Das wird aber erst in zwei Tagen feststehen, wenn die Proben ausgewertet sind.
Woher stammt die rote Farbe des Schlammes?
Die kommt von Eisenoxid, das zwar für uns nicht akut toxisch ist, sehr wohl aber für alle Wassertiere.
Was hat das für Folgen?
Es wird auf jedem Fall zu einem lokalen Fischsterben größeren Ausmaßes kommen. Ob dies auch die Donau erreichen wird, hängt davon ab, wie stark sich der jetzt noch dickflüssige Schlamm durch den angekündigten Regen verdünnen wird.
Tritt eigentlich noch rote Brühe aus dem Leck in dem Damm aus?
Ja, die Menge ist aber wesentlich geringer als zu Beginn.
Wie schätzen Sie das Ereignis ein?
Es handelt sich auf jeden Fall um einen ökologischen Super-Gau. Über die Auswirkungen kann man noch keine gesicherten Angaben machen. Das Gebiet, in dem Menschen wohnten und Obst und Gemüse angebaut wurden, hat sich in eine Sondermülldeponie mit hochgefährlichem Abfall verwandelt. Eine vergleichbar große Deponie gibt es in ganz Europa nicht.
Ist schon begonnen worden, den Schlamm abzutragen?
Im Moment sind die sehr professionell arbeitenden Helfer mit Sicherungs- und Rettungsmaßnahmen beschäftigt. Man hofft, in den evakuierten Dörfern noch Verschüttete zu finden. Ich glaube nicht, dass der Schlamm beseitigt werden kann. Vielleicht können die Menschen wieder in ihre Dörfer zurückkehren, die Landwirtschaft wird sicher auf Jahre brachliegen. Interview: Michael Heinrich
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