Karel Schwarzenberg: Fürst, Punk und Präsident?
Die Stichwahl zum Staatsoberhaupt in Tschechien ist voller Kuriositäten. Ein schrulliger Adeliger könnte am Ende siegen. Wer die Kandidaten sind...
Prag - Es geht hoch her bei unseren Nachbarn. Am 25. und 26. Januar wählen die Tschechen ihren neuen Staatspräsidenten. Klingt langweilig, ist in Wahrheit aber eine theaterreife Schlammschlacht. In den Hauptrollen ein trinkfester, raubeiniger Sozialist – und ein steinreicher Adeliger, der sich konservativ nennt, einen „Punk“-Wahlkampf führt, und der vor allem von jungen Leuten und in den Städten unterstützt wird.
Keiner hatte Karel Johannes Nepomuk Joseph Norbert Friedrich Antonius Wratislaw Menas Schwarzenberg vor dem ersten Wahlgang vor 14 Tagen auf der Liste. Aber der amtierende Außenminister und ehemalige Kanzler von Dichterpräsident Vaclav Havel schlug die Favoriten. Freitag und am Samstag steht er in der Stichwahl mit Milos Zeman (68).
Schwarzenberg schläft gerne bei Konferenzen ein
Obwohl er schon 75 ist, obwohl er von altem Adel ist, obwohl er für den Sparkurs der aktuellen Regierung steht, schaffte Schwarzenberg, genannt „der Fürst“, die Überraschung. Die Liste der Kuriositäten um den Kandidaten ist lang. So heiratete er vor fünf Jahren seine österreichische Frau Therese ein zweites Mal. 1988 hatte sich das Paar scheiden lassen. Seine Aussprache ist nuschelig, sein Tschechisch altertümlich und gelegentlich nickt der Herr bei Konferenzen ein: „Ich schlafe ein, wenn andere Unsinn reden.“
Die Gabe, sich selbst auf die Schippe zu nehmen, kommt an. Vor allem in den Städten, vor allem bei den Jungen. Der Künstler David Cerny porträtiert den Kandidaten, der bevorzugt dreiteilige Anzüge trägt, als Punk. Das Motiv auf Buttons und T-Shirts ist ein Renner. Auch Schlagersänger Karel Gott ist für den Fürsten.
Schwarzenberg ist überzeugter Europäer
„Er ist nicht wie die anderen Politiker“, sagt Kamil Valsik. „Er kann uns etwas bringen, das hier fehlt: Stil und Moral“, meint der 25-Jährige. Er sitzt im Prager Café Mlejn, einem verrauchten Beisl, dem Wahlkampfhauptquartier. Hier ist Schwarzenberg Stammgast, hier nimmt er öfter einen Absacker, hier führte er als Außenminister mal eine pikierte Condoleezza Rice hin. Politisch ist Schwarzenberg überzeugter Europäer, ganz anders als der Amtsinhaber Vaclav Klaus, den er ablösen will.
Der Pro-Europa-Kurs ist die einzige Gemeinsamkeit, die der Fürst mit Konkurrent Zeman hat. Der Ex-Premier versucht, mit linkem Sozialismus zu punkten. Er stützt sich auf die Landbevölkerung, die unter dem Sparkurs leidet, auf alte Kommunisten und Figuren mit Kontakten zur Unterwelt. Auch Schmutzkampagnen sind ihm nicht fremd. Die Behauptung, auf dem Stammsitz von Schwarzenbergs Frau in Österreich hingen Hakenkreuze, musste Zeman zurücknehmen. Ihre Familie hat das Schloss vor Jahrhunderten verkauft. Er wirft Schwarzenberg sein Exil während des Kommunismus vor und dessen Frau, dass sie nicht richtig tschechisch spreche. „Nur wer immer hier war, ist ein richtiger Tscheche.“
Schwarzenberg scheut keine Tabus
Schwarzenberg scheut hingegen vor tschechischen Tabus nicht zurück. Im Wahlkampf nannte er die Vertreibung der Sudetendeutschen „ein Kriegsverbrechen“. Laut letzten Umfragen liegt Zeman leicht vorn. Aber die Umfragen hatten das letzte Mal auch nicht gestimmt.