Kardinal Meisner: Der Wachhund geht in Ruhestand

Zeitenwende in Köln: Der konservative Kardinal Joachim Meisner tritt nach 25 Jahren als Erzbischof zurück. Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht.
Mark Bihler / Politik |
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Köln - Die Ära von Kardinal Meisner als Kölner Erzbischof ist zu Ende. Papst Franziskus versetzte den 80-Jährigen am Freitag mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand. Meisner hatte selbst darum gebeten und nannte sein Alter und die Gesundheit als Gründe für den Rückzug. Mit ihm geht ein konservativer Erzbischof, der in seiner Amtszeit immer wieder polarisierte.

Ein Vierteljahrhundert hat Meisner das größte deutsche Bistum mit über zwei Millionen Katholiken geprägt. Jetzt hoffen dort viele Gläubige auf einen Neuanfang mit einem weltoffeneren Kirchenmann an der Spitze. Wer das sein wird, steht in den Sternen – denn die Wahl läuft nach einem komplizierten Verfahren ab. Deshalb fordert eine Kircheninitiative bereits mehr Mitbestimmungsrechte bei der Wahl des Erzbischofs.

Meisner machte aus seiner konservativen Welt- und Glaubenssicht nie einen Hehl. Er nannte sich selbst „Wachhund Gottes“ und eckte mit seinen Aussprüchen immer wieder an. Zuletzt reagierten Muslime entsetzt, als Meisner im Januar vor Mitgliedern des „Neokatechumenalen Weges“ erklärte: „Eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien.“

Auch gegenüber Homosexuellen und in der Abtreibungsdebatte ist Meisner Hardliner. Nachdem sich 2001 Berlins Bürgermeister geoutet hatte, wetterte der Kardinal: „Wenn Herr Wowereit für diese sexuelle Tätigkeit eine Lanze brechen will, ist das ein Missbrauch seines politischen Mandats.“ Und in der Abtreibungsdebatte sagte er: „Christlich kann sich nur nennen, wer den Paragraphen 218 verschärfen will.“ Abtreibungen verglich er mit dem Holocaust und bezeichnete Kunst ohne religiösen Hintergrund als „entartet“. Wer Meisner für diese Ansichten kritisierte, bekam es um die Ohren: „Die Kirche hat sich dem Wort Gottes anzupassen und nicht der Meinung der Menschen.“

Anfang 2013 geriet Meisner in die Kritik, weil in Köln eine mutmaßlich vergewaltigte Frau von zwei katholischen Kliniken abgewiesen wurde – man wollte ihr die Pille danach nicht verschreiben. In diesem Fall ruderte der Kardinal zurück und sagte, die Verschreibung des Medikaments sei bei Vergewaltigungsopfern „vertretbar“. In der Debatte um den Protz-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst bürstete Meisner wieder gegen den Strich. Der Limburger sei „der ärmste unter den Bischöfen“, so Meisner.

In seinem Abschiedsbrief wandte sich der scheidende Erzbischof am Freitag nochmals an die Gläubigen. „Ich danke Ihnen herzlich für alle Stärkung“, schrieb er, „und bitte alle sehr um Vergebung, wenn Ihnen mein Dienst nicht Stärkung, sondern vielleicht auch Ärgernis war“.

 

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