Kalorienbomben für Kinder
Berlin - Sie heißen „Bärchen SchlaWiener“, „Mini Wini“, „Zauberfleks“ oder „Eis Simsalabim Kon Tiki“. Auf den Packungen sind das Sandmännchen abgebildet, „Hello Kitty“-Figuren oder „Pu der Bär“. Doch die Lebensmittel, die die Packungen enthalten, sind alles andere als kindergerecht. Im Gegenteil. „Viel zu süß und viel zu fett“, nennt die Verbraucherorganisation Foodwatch die Nahrungsmittel für den Nachwuchs. Und legt noch eins drauf. „Die Lebensmittelindustrie stellt bewusst ungesunde Kinder-Produkte her“, sagt Foodwatch-Expertin Anne Markwardt.
Genau 1514 speziell auf Kinder zugeschnittene Angebote in Supermärkten und Discountern wurden unter die Lupe genommen – mit einem niederschmetternden Ergebnis: Drei Viertel der Waren mussten von den Prüfern beanstandet werden. Sie sind ernährungsphysiologisch minderwertig, stark zucker- oder fetthaltig, aromatisiert und häufig stark verarbeitet. Das gilt keinesfalls nur für klassische Süßigkeiten – auch Lebensmittel, die prinzipiell ausgewogen sein könnten, wie Frühstücksflocken oder Milchprodukte, sind fast immer Zucker- und Kalorienbomben.
Nur 12,4 Prozent der Produkte seien, so die Tester, unbedenklich.
Alle untersuchten Lebensmittel richten sich durch die Aufmachung oder Platzierung durch den Hersteller ganz gezielt an Kinder. Dies sei der Fall, so Anne Markwardt, wenn die Verpackung mithilfe von Comic- oder anderen bei Kindern beliebten Figuren gestaltet ist, das Produkt mit Gewinnspielen für Spielzeug, Eintritt in Freizeitparks oder ähnliches vermarktet wird oder Lebensmittel verniedlicht dargestellt sind – zum Beispiel Schokolinsen mit Augen oder Händen und Füßen.
Warum die Nahrungsmittelindustrie – wenn sie schon spezielle Kinderangebote machen – nicht gesündere Lebensmittel anbietet, hat für Anne Markwardt einen eindeutigen Grund: „Mit Obst und Gemüse lässt sich nur wenig Profit machen – mit Junkfood und Softdrinks schon.“ Ersteres bringt nur Gewinne von weniger als fünf Prozent. Die Umsatzrenditen bei Süßwaren, Softdrinks und Snacks erreichen dagegen 15 Prozent. „Die Firmen haben betriebswirtschaftlich größtes Interesse daran, möglichst viele unausgewogene Produkte zu verkaufen und die Kinder so früh wie möglich auf ungesundes Junkfood zu programmieren“, sagt Markwardt.
Die Folgen sind bekannt – werden aber von Produzenten und Politik ignoriert: Gerade mal die Hälfte der Kinder isst die empfohlene Menge an Obst und Gemüse, konsumiert aber weit mehr als 200 Prozent der empfohlenen Menge an Süßwaren und Softdrinks. Dadurch ist der Anteil übergewichtiger Kinder in den zwei Jahrzehnten um 50 Prozent gestiegen. Mehr als jedes siebte Kind ist zu dick, sechs Prozent sind fettleibig. „Bärchen SchlaWiener“, „Mini Wini“ und „Eis Simsalabim Kon Tiki“ sind daran nicht unschuldig.
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