Kachelmanns Neuer: Abteilung Attacke

KARLSRUHE - Schon an seinem ersten Verhandlungstag sorgt der neue Verteidiger von Wettermoderator Jörg Kachelmann für Furore: In einem Rundumschlag geht er auf die Richter und die Medien los
Wochenlang war der Vergewaltigungsprozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann dahingedümpelt. Am Montag wechselte der 52-Jährige seinen Verteidiger – und der Neue legte am selben Tag gleich mächtig los. Der Hamburger Staranwalt Johann Schwenn attackierte sowohl die Richter als auch die Medien.
Ist das die neue Verteidigungsstrategie für Jörg Kachelmann? Schwenn ließ schon am Vormittag eine Zeugenvernehmung unterbrechen und kritisierte die Fragetechnik mehrerer Richter.
Anlass war die Befragung einer Freundin Kachelmanns, die gestern in nicht-öffentlicher Sitzung vernommen wurde. Die 40-Jährige hatte offenbar ausgesagt, sie habe stets einvernehmlichen Sex mit Kachelmann gehabt. Der beisitzende Richter befragte die Zeugin dann, ob sie bestimmte sexuelle Handlungen tun „musste“ oder „sollte“.
Schwenn sah das als Suggestivfrage und beantragte eine Unterbrechung der Zeugenvernehmung. In einem kurzen öffentlichen Teil der Verhandlung kritisierte er auch die Beisitzerin, die von der Zeugin Konkreteres hören wollte. Die Aussage der Einvernehmlichkeit sei bereits konkret, so Schwenn. Doch damit nicht genug.
Kachelmanns neuer Anwalt drohte damit, dass solche Fragen von der Richterbank ein späterer Revisionsgrund sein könnten. Schon vorher übte Schwenn heftige Medienschelte. Er kritisierte vor allem, dass Ex-Geliebte, die als Zeuginnen vernommen wurden, anschließend in einer Zeitschrift zu Wort kamen und sich dort angeblich anders äußerten als vor Gericht.
Schwenn beantragte, Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker auch in den nicht-öffentlichen Verhandlungen zuzulassen. Dies sei erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte des wegen Vergewaltigung einer Geliebten angeklagten Moderators zu wahren.
Der Anwalt äußerte sich indirekt auch dazu, warum er in einem so späten Stadium des Prozesses noch die Verteidigung übernommen habe: „Das, was bisher geschehen ist, ist – abgesehen von der verschrifteten Vernehmung der Nebenklägerin – alles irrelevant.“
Kachelmanns Neuer - Der Mann für spektakuläre Fälle
Der Hamburger Rechtsanwalt Johann Schwenn ist schon mehrmals als Verteidiger in aufsehenerregenden Prozessen aufgetreten.
Der Hamburger Multimillionär Jan Philipp Reemtsma wird 1996 verschleppt und gegen das Rekordlösegeld von 30 Millionen Mark (15,3 Millionen Euro) freigelassen. Als der Entführer Thomas Drach 2001 vom Hamburger Landgericht zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt wird, vertritt Schwenn den Nebenkläger Reemtsma.
Im Steuerprozess gegen Peter Graf trennt sich der Angeklagte 1995 von seinem Verteidiger Schwenn. Nach Medienberichten soll es zwischen dem Vater von Tennis-Star Steffi Graf und dem Anwalt Streit um die Verteidigungsstrategie gegeben haben.
Schwenn vertritt den Schriftsteller und PDS-Bundestagsabgeordneten Stefan Heym. Dieser hatte 1994 unter anderem den damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Stasi-Unterlagengesetz angezeigt. Das Ermittlungsverfahren wird eingestellt.
Monika Böttcher, geschiedene Weimar, wird 1988 vom Landgericht Fulda (Hessen) erstmals wegen der Ermordung ihrer beiden Töchter zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Revisionsspezialist Schwenn vertritt sie im Wiederaufnahmeverfahren.