Kachelmann-Prozess: „Ich bin in der Nacht vergewaltigt worden“

Im Prozess gegen Jörg Kachelmann wird der Notruf des mutmaßlichen Opfers des Schweizer Moderators vorgespielt – doch der angeklagte TV-Moderator bleibt völlig regungslos.
von  Abendzeitung
Jörg Kachelmann vor Gericht
Jörg Kachelmann vor Gericht © dpa

MANNHEIM - Im Prozess gegen Jörg Kachelmann wird der Notruf des mutmaßlichen Opfers des Schweizer Moderators vorgespielt – doch der angeklagte TV-Moderator bleibt völlig regungslos.

Es war der bewegendste Moment des bisherigen Verfahrens, so schildern es Prozessbeobachter. Aus einem Lautsprecher erklingt die zitternde Stimme des mutmaßlichen Opfers von Jörg Kachelmann: „Ich bin heute Nacht vergewaltigt worden und weiß nicht, was ich jetzt machen soll“, sagt die Frau in ihrem Notruf an die Polizei. Auf die Nachfrage „Von wem?“ sagt die Frau „Von“ und nach längerem Zögern „Von meinem Freund.“ Der Name Kachelmann fiel erst bei der Vernehmung. Auf die Frage des Polizisten nach ihrem Befinden antwortete die 37-Jährige „Ich bin okay.“

Es herrscht Stille im Gerichtssaal. Auch der angeklagte Wetter-Moderator bleibt regungslos – wie im ganzen bisherigen Prozess.

Der erste Zeuge des Verfahrens im Mannheimer Landgericht ist der ermittelnde Kriminalbeamte. Er schildert, dass das mutmaßliche Opfer, eine Radio-Moderatorin, am Tag nach der möglichen Tat zwei Mal vernommen wurde. Dazwischen sei sie rechtsmedizinisch und gynäkologisch untersucht worden. Später kam auch heraus, dass sie Kachelmann zweimal in Kanada angerufen habe – „um sicher zu sein, dass er noch im Ausland ist“.

Die Staatsanwaltschaft habe damals entschieden, Kachelmann zunächst nicht festzunehmen – es habe keinen dringenden Tatverdacht gegeben. Kachelmann flog noch am gleichen Tag, dem 9. Februar, zu den Olympischen Spielen nach Kanada.

Wegen des Verdachts, seine langjährige Geliebte in Schwetzingen mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben, wird der 52-Jährige Schweizer erst nach seiner Rückkehr am 20. März am Flughafen Frankfurt in Anwesenheit von acht Polizeibeamten aus Hessen und Baden-Württemberg verhaftet.

Er wurde von einer jungen Frau abgeholt. Auf dem Weg zum Parkhaus „wurden Zärtlichkeiten ausgetauscht“, berichtet der Beamte. „In Schwetzingen würde man sagen: Rumgeknutsche.“

Der Polizist sprach Kachelmann vor seinem Auto an. „Ich habe ihn zur Seite genommen und erklärt, dass ich einen Haftbefehl gegen ihn habe.“ Kachelmann habe „ruhig und abgeklärt“ reagiert. „Er hat keine besonders emotionale Reaktion gezeigt.“ Zum Tatvorwurf habe er nichts gesagt.

Die erste Zeugenaussage musste gestern um einige Stunden verlegt werden, weil es zunächst wieder ein juristisches Hickhack gegeben hatte. Kachelmanns Verteidiger Reinhard Birkenstock hatte gefordert, dass von ihm bestellte Sachverständige Gutachten über die Glaubwürdigkeit und die Verletzungen des mutmaßlichen Opfers erstellen dürfen. Weil die Staatsanwaltschaft dies ablehnte, zog sich das Gericht erst einmal zu einer Beratung zurück.

Mit den neuerlichen Gutachten der Rechtsmediziner Bernd Brinkmann und Markus Rothschild, so begründete Birkenstock seinen Antrag, solle bewiesen werden, „dass sämtliche Verletzungen auf Selbstverletzungen zurückzuführen sind“. mh

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