Japans körperlose Liebe

Bizarr: Romantische Gefühle für Comicfigur und Ehe-Streit im Computerspiel
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Mangas sind fester Bestandteil der japanischen Kultur – nur heiraten kann man die Figuren nicht. Eine Unterschriftensammlung soll das jetzt ändern. Foto: dpa
az Mangas sind fester Bestandteil der japanischen Kultur – nur heiraten kann man die Figuren nicht. Eine Unterschriftensammlung soll das jetzt ändern. Foto: dpa

Bizarr: Romantische Gefühle für Comicfigur und Ehe-Streit im Computerspiel

TOKIO Durch die europäische Brille betrachtet nimmt die japanische Liebe zu Gegenständen bisweilen bizarre, ja befremdliche Formen an.

Schon seit Jahren gibt es in Japan Bordelle, die ausschließlich mit Frauen aus Silikon bestückt sind; Besucher können ihre bevorzugte Vagina-Größe wählen. Einige Japaner leben mit einer Puppe zusammen statt mit einem Partner aus Fleisch und Blut.

Aber selbst die greifbare Dreidimensionalität eines geliebten Gegenübers ist nicht mehr unbedingt gefragt. Über tausend Unterschriften Gleichgesinnter hat ein Japaner gesammelt, der die Ehe zwischen Menschen und Comicfiguren legalisieren will. Er fühle sich in der zweidimensionalen Welt eher zuhause als in der echten, erklärte Taichi Takashita. Am liebsten würde er in die Comic-Welt einziehen, doch da dies nach dem Stand der Technik bisher unmöglich sei, fordere er wenigstens die Legalisierung von Ehen mit zweidimensionalen Figuren.

Bei seinem favorisierten Comic handelt es sich um einen Manga-Cartoon: Mangas sind extrem populär im asiatischen Kulturraum. Erst Anfang des Monats hatte eine Manga-süchtige Frau im Internet nach einem Mörder für ihre Eltern gesucht – weil sie die Comics weggeworfen hatten, mit denen die Frau schon drei Zimmer voll gefüllt hatte.

Schwer nachvollziehbar scheint Japans starker emotionaler Bezug zu Gegenständen, zweidimensionalen und grellen, virtuellen Welten. Aber die gesellschaftliche Entwicklung windet sich langsam ihren Weg in das Rechtsystem des Landes: So drohen einer 43-jährigen Klavierlehrerin jetzt eine Geldstrafe und bis zu fünf Jahre Haft, weil sie eine Figur in einem Online-Rollenspiel gelöscht hat.

Ohne Erklärung habee der virtuelle Ehemann in dem Spiel einfach die Scheidung eingereicht, begründete sie ihr Verhalten: „Das hat mich so wütend gemacht!“ Als der 33-jährige Büroangestellte merkte, dass sein Avatar tot war, ging er kurzerhand zur Polizei – die Klavierlehrerin wurde festgenommen.

Weil sie für ihren heimtückischen Avataren-Mord die Passwörter ihres Mitspielers nutzte, wird sie wegen illegalen Zugangs zu einem Server und der Manipulation elektronischer Daten belangt.

Laura Kaufmann

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