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Italien erlässt Haftbefehl: Wird Signa-Gründer René Benko ausgeliefert?

Im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften am Gardasee und im Trentino durchsuchen Ermittler 100 Objekte. Einen Haftbefehl gibt es neben René Benko auch gegen eine Bürgermeisterin.
von  Nina Job
Gegen den insolventen Signa-Gründer René Benko laufen verschiedene Ermittlungen. In Italien hat die Staatsanwaltschaft jetzt auch Haftbefehl erlassen.
Gegen den insolventen Signa-Gründer René Benko laufen verschiedene Ermittlungen. In Italien hat die Staatsanwaltschaft jetzt auch Haftbefehl erlassen. © Expa/Johann Groder/APA/dpa

Sein Imperium ist zerbröselt, seine Macht Geschichte. Der einst so gefeierte Immobilien- und Kaufhaus-Tycoon René Benko ist heute für viele eine Persona non grata. Nun steht der Nordtiroler auch persönlich maximal in Bedrängnis: Die italienische Justiz hat einen Haftbefehl gegen den Signa-Gründer erlassen.

Am Dienstag wurden im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften in Südtirol und im Trentino 100 Objekte durchsucht. Dabei geht es um Projekte in den Jahren 2018 bis 2022. Laut Anfangsverdacht sollen viele einflussreiche Menschen mitgemischt haben, darunter Amtsträger.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung

Ob oder wann Benko im Zuge dieser Ermittlungen tatsächlich in Untersuchungshaft muss, ist offen. Wie die "Tiroler Tageszeitung" berichtet, sei René Benko am Dienstag von Beamten des Landeskriminalamtes Tirol einvernommen worden. Nach der Befragung habe er als freier Mann wieder gehen dürfen.

Die Zeitung berichtet weiter, dass über den Antrag auf Auslieferung nun ein Haft- und Rechtsschutzrichter des Landesgerichts Innsbruck entscheiden müsse. Am Dienstag habe die Justiz in Innsbruck "keine Dringlichkeit" gesehen.

Die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind massiv. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, Korruption und Betrug "in Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte".

Die Ermittler gehen Hinweisen nach Angebotsabsprachen, illegaler Parteienfinanzierung, illegaler Einflussnahme, unrechtmäßiger Entgegennahme von Geldern zum Nachteil des Staates und Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung nach.

Anti-Mafia-Direktion ermittelt in Italien gegen Benko

Konkret geht es um den Verdacht, dass die Unternehmer Wahlkampagnen von Amtsträgern finanziert haben, um im Gegenzug Vergünstigungen, vereinfachte Verfahren und Genehmigungen für Immobilienprojekte zu erhalten.
Koordiniert werden die Ermittlungen von der Anti-Mafia-Direktion bei der Staatsanwaltschaft Trient. Für die Beschuldigten, die alle Vorwürfe bestreiten, gilt die Unschuldsvermutung.

Carabinieri und Finanzpolizisten bekamen am Dienstag den Auftrag, mehr als 100 Gebäude und Büros bei Unternehmern und in öffentlichen Einrichtungen zu durchsuchen. Die Polizisten durchsuchten in den Provinzen Trient, Bozen, Brescia, Mailand, Pavia, Rom, Verona und im Ausland. Auch im Rathaus Bozen waren Carabinieri im Einsatz.

Laut Nachrichtenportal "stol.it" wird gegen insgesamt 77 Personen ermittelt. Darunter neben Benko auch gegen die Bürgermeisterin von Riva del Garda, Cristina Santi, einen Unternehmer und einen ehemaligen Senator. Im Fokus steht zudem der Südtiroler Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager.

Zwei Bürgermeister in Ermittlungen gegen Benko involviert

Der Unternehmer war jahrelang der Chef von Signa Italia, nach wie vor sitzt Hager als Vorsitzender im Stiftungsvorstand der Laura Privatstiftung. Er und die Bürgermeisterin von Riva del Garda stehen nun unter Hausarrest.

Ebenfalls ermittelt wird gegen einen anderen Bürgermeister einer Gardasee-Gemeinde. Er soll in die dieselbe Immobiliengruppe verwickelt sein. In seinem Fall geht es um einen Immobiliendeal für ein ehemaliges Hotel, das abgerissen und am Ufer des Flusses Sarca neu gebaut werden soll.

Ob Benko tatsächlich hinter Gitter wandert, wird sich zeigen. Benkos österreichischer Anwalt Norbert Wess teilte mit, er ginge nicht davon aus, dass ein Europäischer Haftbefehl gegen Benko vollzogen werde. "Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen", teilte er mit.

Wie der Stand der Dinge in München ist, wo die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Geldwäscheverdachts im Zusammenhang mit dem Signa-Bauprojekt Corbinian am Hauptbahnhof aufgenommen hatte, wollte die Staatsanwaltschaft München am Dienstag nicht mitteilen. Sie verwies auf die italienischen Ermittlungsbehörden.

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