IOC erwägt Stopp des Fackellaufs

Der Dauerprotest zeigt Wirkung: Das Olympische Komitee denkt über eine Absage des traditionellen Fackellaufs nach. Chinas Botschafter in Frankreich wirft den Aktivisten die „Geiselnahme der Olympischen Spiele“ vor.
von  Abendzeitung
Ein Pro-Tibet Banner weht an der Golden Gate Brücke in San Francisco.
Ein Pro-Tibet Banner weht an der Golden Gate Brücke in San Francisco. © dpa

PEKING - Der Dauerprotest zeigt Wirkung: Das Olympische Komitee denkt über eine Absage des traditionellen Fackellaufs nach. Chinas Botschafter in Frankreich wirft den Aktivisten die „Geiselnahme der Olympischen Spiele“ vor.

Das IOC hat sich bestürzt über die Attacken von Demonstranten auf die Olympische Fackel geäußert und eine Diskussion über mögliche Konsequenzen begonnen. Dabei werde auch darüber beraten, die Fackel künftig auf direktem Weg vom antiken Olympia in Griechenland zum Austragungsort der Spiele zu bringen, sagte IOC-Präsident Jacques Rogge am Dienstag in Peking.

„Ich bin sehr besorgt über das, was in London und Paris passiert ist“, sagte Rogge. Bei Demonstrationen für die Unabhängigkeit von Tibet wurde der Fackellauf von Sportlern massiv behindert. In Paris musste die Fackel drei Mal gelöscht und schließlich mit einem Bus ans Ziel gebracht werden. „Ich bin zutiefst traurig, dass ein derart bedeutendes Symbol angegriffen worden ist“, sagte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Das IOC respektiere das Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, doch müsse dieses gewaltfrei ausgeübt werden. Besonders leid tue es ihm für die Athleten, die so hohe Erwartungen mit dem Fackellauf verbunden hätten, sagte Roggge.

Der IOC-Exekutivrat will am Freitag über die künftige Gestaltung des Fackellaufs beraten. Noch sei noch nichts beschlossen, sagte Rogge. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Thomas Bach, sagte, er sei gegen einen Verzicht auf den internationalen Teil des Fackellaufs, doch werde jetzt darüber diskutiert. „Wir sollten nicht zulassen, dass die Gewalt unser Handeln bestimmt“, sagte der IOC-Vizepräsident.

Paris weist Kritik aus Peking zurück

Die französische Regierung wies die Kritik von China an den Störungen des Fackellaufs zurück. „Im Land der Menschenrechte kann man nicht die Demonstrationsfreiheit verbieten“, sagte Innenministerin Michele Alliot-Marie dem Radio-Sender Europe-1. Die Sicherheitskräfte hätten ihre doppelte Aufgabe sehr gut erfüllt: den Schutz der fackeltragenden Sportler und die Garantie der freien Meinungsäußerung. 18 Demonstranten wurden nach Angaben der Ministerin festgenommen.

Der stellvertretende chinesische Botschafter in Frankreich, Ku Xing, warf den Aktivisten eine „Geiselnahme der Olympischen Spiele“ vor und machte dafür den Dalai Lama dafür verantwortlich. Die Proteste seien „ein Fiasko für die tibetischen Separatisten“ gewesen, sagte er dem Sender RTL.

„Eine Welt – Ein Traum. Freies Tibet“

Auch in den USA, wo das Olympische Feuer am Dienstag in San Francisco eintraf, kam es zu ersten Protesten. „Wir haben das wie den Besuch eines Staatsoberhaupts behandelt“, sagte ein Flughafensprecher. Zuvor waren drei Aktivisten in einer spektakulären Aktion auf die Golden Gate Bridge geklettert. Sie hängten die tibetische Fahne sowie zwei Transparente auf mit der Aufschrift „Freies Tibet 08“ und „Eine Welt – Ein Traum. Freies Tibet“.

Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton forderte US-Präsident George W. Bush auf, die Eröffnungsfeier am 8. August in Peking zu boykottieren. Bush hat angekündigt, an der Eröffnungsfeier teilnehmen zu wollen, weil es sich um ein Sport- und nicht um ein politisches Ereignis handle. An dieser Einstellung habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses, Tony Fratto.

Die chinesische Regierung verurteilte die Proteste beim Fackellauf als Missachtung des olympischen Geistes. Nach San Francisco soll die Fackel noch nach Buenos Aires in Argentinien und dann in ein Dutzend weiterer Länder reisen, bevor sie am 4. Mai nach China kommt. (AP)

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